Hausärzt:in 11/2025
Ärzt:in Assistenz 2025

Adipositas: Ausreichende Flüssigkeitszufuhr könnte vor Fettleibigkeit schützen

Ein internationales Forschungsteam, mit Beteiligung von Wiener Wissenschafter:innen, hält fest: Trinken Menschen zu wenig Wasser, wirken vermutlich ähnliche Mechanismen wie bei Wildtieren, die Winterschlaf halten. Während der angefressene Winterspeck bei den Tieren vor Verhungern und Verdursten im Winterschlaf bewahrt, könnte beim Menschen eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr vor Adipositas schützen.

In ihrer Studie untersuchten das aus Human- und Veterinärmediziner:innen sowie Biolog:innen bestehende Forschungsteam um Richard Johnson von der University of Colorado (USA) jene biologischen Mechanismen, mit denen Tiere während des Winterschlafs einer Dehydrierung vorbeugen. Dabei wird beim Stoffwechsel von Fett und Glykogen Wasser produziert, das den Flüssigkeitshaushalt vieler Tiere aufrecht erhält.

Eine zentrale Rolle spielt bei Säugetieren das Hormon Vasopressin, das den Wasserhaushalt reguliert und maßgeblich an der Einleitung und Aufrechterhaltung des Winterschlafs beteiligt ist. Bei den Winterschlaf haltenden Tieren steigt im Herbst die Produktion von Vasopressin und regt einen kohlenhydratbasierten Stoffwechsel an, der mit Durst, einer erhöhten Wasseraufnahme und der Speicherung von Glykogen und Fett einhergeht. Nähert sich der Winter, beginnt der Vasopressin-Spiegel zu sinken, die Tiere stellen auf einen fettbasierten Stoffwechsel um und begeben sich in den Winterschlaf. In dieser Phase wird durch den Fettstoffwechsel im Körper Wasser gebildet. Zugleich wird die Vasopressin-Ausschüttung unterdrückt und im Blutserum sinkt die Osmolalität, was wiederum das Durstgefühl unterdrückt. 

"Unsere Beobachtung, dass Fettleibigkeit einen natürlichen Zweck erfüllt, nämlich das Überleben zu sichern, insbesondere durch Wasserspeicherung in Zeiten der Knappheit, könnte auch für das Verständnis von Adipositas beim Menschen von Bedeutung sein", erklärt Ko-Autorin Johanna Painer-Gigler vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinischen Universität Wien. 

Die Forscher:innen vermuten, dass beim Menschen die Speicherung von Fett durch eine fehlerhafte Steuerung ausgelöst wird. Dabei könnte Fruktose eine Rolle spielen, gleich ob aus der Nahrung oder im Körper gebildet. So dürfte der Fruchtzucker nicht nur die Signalübertragung durch das "Hungerhormon" Leptin beeinflussen, sondern auch die Vasopressin-Produktion und in der Folge den Durst fördern. "Ein Prozess, der durch Salzaufnahme zusätzlich stimuliert wird", meint Ko-Autorin Szilvia Kalgeropoulu vom FIWI. Die meisten Menschen mit Adipositas hätten ebenfalls einen erhöhten Vasopressin-Spiegel im Blut und würden auch Anzeichen von Dehydrierung aufweisen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sei deshalb für eine gute Gesundheit von entscheidender Bedeutung. Auch die Wirkung von GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid könnte teilweise auf ihre bekannte Fähigkeit zurückzuführen sein, die Vasopressinproduktion zu hemmen.