Hausärzt:in 11/2025
Ärzt:in Assistenz 2025

Unterschätztes kardiovaskuläres Risiko

Blutgefäß vin innen mit roten Blutzellen und Fettklumpen
Real-World-Daten zeigen Diskrepanzen zwischen Leitlinien und Praxis.
© lga Gorkun / adobe.stock.com
Kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) sind die Haupttodesursache in Europa. Jedes Jahr sterben mehr als vier Millionen Menschen an einer CVD – was 45 % aller Todesfälle entspricht. Obwohl kardiovaskuläre Erkrankungen also nach wie vor die führende Todesursache darstellen, werden zahlreiche Patient:innen nicht adäquat behandelt, da ihr individuelles kardiovaskuläres Risiko häufig unterschätzt wird. Daraus resultiert ein erhebliches verbleibendes Risiko kardiovaskulärer Ereignisse.1

Bei einer Zwischenauswertung von Daten der MILOS-Studie wurde die Übereinstimmung des ärztlich eingeschätzten Risikos und der standardisiert nach den Leitlinien vorgenommenen kardiovaskulären Risikoklassifikation untersucht. Basis hierfür waren die Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS).2 Die MILOS-Studie ist eine laufende, prospektive, nichtinterventionelle Beobachtungsstudie, die die Effektivität und Sicherheit von Bempedoinsäure allein oder in Fixkombination mit Ezetimib bei Patient:innen mit Hypercholesterinämie beziehungsweise gemischter Dyslipidämie evaluiert. Zwischen Oktober 2022 und Februar 2024 wurden erwachsene Patient:innen aus Österreich, Belgien, Italien und dem Vereinigten Königreich in die Studie aufgenommen. Das kardiovaskuläre Ausgangsrisiko (niedrig, moderat, hoch oder sehr hoch) wurde von der jeweiligen Prüfärzt:in eingeschätzt und mit dem nach den ESC-/EAS-Leitlinien berechneten Risiko abgeglichen, um Übereinstimmungen und Abweichungen in der Risikoklassifikation zu erheben. Präsentiert wurden die vorläufigen Ergebnisse auf dem Kongress der European Society of Cardiology Ende August in Madrid.3

Insgesamt analysierte man Daten von 2.121 Patient:innen aus Österreich (n = 200), Belgien (n = 375), Italien (n = 1.310) und England (n = 236). In allen Ländern zeigten sich erhebliche Abweichungen zwischen der von der Prüfärzt:in durchgeführten und der zentral nach den ESC-/ EAS-Leitlinien erfolgten Risikoklassifikation – insbesondere bei Patient:innen mit hohem oder sehr hohem kardiovaskulärem Risiko (siehe Abbildung). 

19 bis 63 % der Patient:innen waren durch die ärztliche Einschätzung falsch klassifiziert – bei der Mehrheit dieser Fälle wurde das kardiovaskuläre Risiko tendenziell unterschätzt. Ein hohes kardiovaskuläres Risiko wurde in 28 bis 48 % der Fälle, ein sehr hohes Risiko in 16 bis 67 % als zu gering eingestuft.3