Hausärzt:in 09/2025
Ärzt:in Assistenz 2025

Die Pneumologie einst und jetzt

im Zentrum ein Baum an dem weiße Wateebausch ähnliche gebilde hängen, am rechten Rand eine Frau mit geschlossenen Augen die ausatmet in diesen Baum rein.
"Von A wie Asthma bis Z wie zystische Fibrose"
© Thiago / stock.adobe.com
Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht und Prim.a Dr.in Eveline Kink im Interview über die Entwicklung der Pneumologie in den letzten 35 Jahren.
Medizinische Expertise
Bernd Lamprecht

Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht (Vorstand der Uniklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie, Dekan für Lehre und Studierende, Medizinische Fakultät, Johannes Kepler Universität)

Eveline Kink

Prim.a Dr.in Eveline Kink (Fachärztin für Lungenheilkunde und Intensivmedizin, Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie, LKH Graz II, Standort Enzenbach)

HAUSÄRZT:IN: Die Pneumologie 1990 und heute: Wie war es damals? Was hat sich seither verändert?

Prof. LAMPRECHT: Wenn wir sogar noch weiter zurückgehen als in die 90er Jahre, dann war die Tuberkulose das zentrale bzw. dominierende Krankheitsbild. Die bessere Behandlungsmöglichkeit ab den 50er Jahren hat dazu geführt, dass sie weitgehend unter Kontrolle gebracht werden und sich die Pneumologie anderen Erkrankungen zuwenden konnte. Aus meiner Sicht ist die heute dominierende Erkrankung sicherlich COPD – die chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Daneben befassen wir uns mit einer Vielzahl anderer Leiden: von A wie Asthma bis Z wie zystische Fibrose. An den meisten Standorten sind wir auch in die pneumoonkologische Versorgung maßgeblich eingebunden. Bei zahlreichen Krankheitsbildern können wir mittlerweile ganz präzise in die Pathomechanismen eingreifen – mit "Antibody Drug Conjugates", Biologika bei Asthma oder einer Immuntherapie beim Lungenkarzinom. Außerdem ist die Pneumologie kein isoliertes Sonderfach mehr, sondern eines von elf internistischen Sonderfächern. Letztlich hat das der Pneumologie gutgetan, da die meisten pneumologischen Krankheitsbilder eine Vielzahl von Komorbiditäten aufweisen, die auch bedacht und behandelt werden müssen.

Prim.a KINK: Es hat sich wahnsinnig viel geändert in Richtung Akutmedizin. Damals wurden COPD-Patient:innen wochenlang stationär aufgenommen. Die Sauerstofftherapie stand erst ab Mitte bzw. Ende der 80er Jahre zur Verfügung und längst nicht jede Patient:in erhielt eine durchgängige Versorgung – das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Patient:innen kamen überhaupt nicht auf die Intensivstation. Man vertrat allgemein die Ansicht, COPD-Patient:innen könne man nicht beatmen. Bei Krebspatient:innen war man der Auffassung, dass sie ohnehin in zwei bis drei Monaten sterben würden. Diesbezüglich hat sich einiges getan. In den 90er Jahren wurde die nichtinvasive-Beatmung eingeführt. Heute ist die Maskenbeatmung zu Hause bei schwerer COPD Standard. Auch in der Onkologie ist wahnsinnig viel in Bewegung geraten: In den 90ern standen uns, abgesehen von ein oder zwei Chemotherapien, kaum Optionen zur Verfügung, vieles war palliativ oder beinahe hospizähnlich geprägt. Kommt heutzutage eine Lungenkarzinompatient:in mit einer Komorbidität in die Notaufnahme, wird selbstverständlich akutmedizinisch behandelt. Viele dieser Patient:innen haben heute realistische Chancen, noch mehrere Jahre mit guter Lebensqualität zu verbringen.

Prof. LAMPRECHT: Um hier anzuknüpfen: Wir nehmen heutzutage immer häufiger den Begriff "Remission" in den Mund – nicht nur in der Pneumoonkologie beim Lungenkarzinom. Wir trauen uns mittlerweile auch schon bei Asthma bronchiale von erreichbarer Remission zu sprechen, sind also tatsächlich von diesen sehr palliativen Ansätzen, wie sie Eveline Kink beschrieben hat, zur Kuration oder Remission gelangt.