Hausärzt:in 06/2024

Schmerzkontrolle: Begrenzte Wirksamkeit von gängigem Lokalanästhetikum

Vor zwölf Jahren wurde liposomales Bupivacain auf den Markt gebracht, um eine lang anhaltende lokale Schmerzkontrolle zu ermöglichen. Eine Studie der MedUni Wien zeigt nun die begrenzte Wirksamkeit der Substanz auf.

Als Zusammenarbeit von Wissenschafter:innen der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie und der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie wurde die Studie mit 25 freiwilligen, gesunden Proband:innen randomisiert, kontrolliert und dreifach verblindet durchgeführt. Zur Schmerzkontrolle wurden nach Zufallsprinzip jeweils zwei Nervenblockaden mit Bupivacain durchgeführt, einmal in der herkömmlichen und einmal in der liposomalen Form. Liposomal bedeutet, dass der Wirkstoff in Liposomen genannten Bläschen eingekapselt ist, was eine langsamere Freisetzung über einen längeren Zeitraum ermöglichen soll. "Da die Kombination von beiden Bupivacain-Formen empfohlen wird, wusste man bisher kaum über die Wirksamkeit von alleiniger Verwendung von liposomalem Bupivain in der Schmerztherapie während und unmittelbar nach Operationen Bescheid", erklärt Co-Erstautor Univ.-Prof. Dr.med.univ. Peter Marhofer.

Die Untersuchungen zeigten, dass die Verabreichung von liposomalem Bupivacain bei etwa einem Drittel der Proband:innen zu einer erfolgreichen Blockade der Schmerzleitung führt, im Vergleich zu 100 % nach Gabe der herkömmlichen Form. "Daraus lässt sich schließen, dass liposomales Bupivacain allein nicht ausreicht, um die Schmerzen während einer Operation zu kontrollieren", so das Fazit von Marhofer. Bezüglich der länger andauernden postoperativen Wirksamkeit führte liposomales Bupivacain im betroffenen Bereich des Körpers zwar zu einer über 3,5 Tage anhaltenden reduzierten Schmerzempfindlichkeit. "Allerdings kann diese Wirkung aufgrund unserer Messungen nicht als verlässlich angesehen werden, da die Wirksamkeit auch innerhalb eines Probanden unberechenbar war und über die Zeit teilweise mehrmals ab- und wieder zunahm", erläutert Marhofer,

Liposomales Bupivacain wurde mit dem Ziel entwickelt, eine lang anhaltende regionale Schmerzkontrolle zu gewährleisten. Seine Funktionsweise: Durch die lokale Blockierung der Nervenleitung können keine Schmerzsignale vom betäubten Bereich zum Gehirn weitergeleitet werden. "Unsere Studie zeigte unvorhersehbare Effekte von liposomalem Bupivacain in Bezug auf Nervenblockade und damit einhergehender Schmerzlinderung. Basierend auf unseren Erkenntnissen kann die Substanz somit derzeit nicht für den Gebrauch in der Schmerztherapie während und nach Operationen empfohlen werden", macht Studienleiter Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr.med.univ. Markus Zeitlinger deutlich.

Die Studie wurde im Fachjournal "Anesthesiology" publiziert.

Zadrazil et al. (2024). Liposomal Bupivacaine for Peripheral Nerve Blockade: A Randomized, Controlled, Crossover, Triple-Blinded Pharmacodynamic Study in Volunteers. Anesthesiology, 10.1097/ALN.0000000000004988. Advance online publication. https://doi.org/10.1097/ALN.0000000000004988