Am CeMM wird zu Alterungsprozessen, Krebserkrankungen, Erkrankungen des Immunsystems, und seltene Krankheiten geforscht. Dabei wird an der Schnittstelle zwischen grundlagenorientierter biomedizinischer Forschung und klinischer Medizin gearbeitet. Maria Rescigno hat jetzt den Gründungs- und Langzeitdirektor des Wiener Instituts, Giulio Superti-Furga, abgelöst. Die renommierte Wissenschaftlerin wird mit ihrer Mikrobiomforschung neue Schwerpunkte am CeMM setzen.
Rescigno erklärt zum Mikrobiom: "Wir haben mehr oder weniger die gleiche Menge an Säugetier- und Mikrobenzellen in unserem Körper. Wir sind also Superorganismen." Die Bakterien, aber auch Viren, Pilze und andere, sind aber nicht nur Passagiere, sondern vielmehr für unseren Körper aufgrund ihrer vielen Funktionen unverzichtbar. Sie helfen bei der Verdauung, trainieren unser Immunsystem sich zu verteidigen und produzieren nützliche Substanzen. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Arten von Mikroorganismen wiederum in Summe ein insgesamt 100-mal größeres Genom bereitstellen als das menschliche Erbgut. Eine durch "schlechte" Mikroorganismen unausgewogene Mikrobiota ist mit verschiedenen Erkrankungen verbunden, und mittlerweile wird immer deutlicher, dass dies nicht nur eine Folge der Erkrankung ist, sondern auch deren Ursache sein kann. Die Ursachen der Veränderungen zu kennen, eröffne Wege, Erkrankungen zu vermeiden oder vorzubeugen.
Ihr Fokus liegt dabei auf der "Darm-Leber-Gehirn-Achse" und den damit verbundenen Störungen, darunter neurologischen Entwicklungsstörungen und neurodegenerative Erkrankungen. Die Forscherin entdeckte z.B. eine Art "Schutzbarriere" im Darm, die ähnlich wie die Blut-Hirn-Schranke verhindert, dass Bakterien ins Blut gelangen. Vor vier Jahren veröffentlichte sie zudem mit Kollegen im Fachjournal Science, dass es eine weitere Schutzbarriere in einer speziellen Struktur des Gehirns (Plexus choroideus) gibt, die bei einer Darmentzündung geschlossen wird, um unser Gehirn zu schützen. Darüber hinaus befasst sie sich mit Krebstherapien, bei denen gezielt veränderte Bakterien das Immunsystem gegen Tumore aktivieren und Krebszellen direkt bekämpfen.
Maria Rescigno, in Neapel geboren, studierte Biologie an der Universität Mailand. Von 1991 bis 1994 war sie "Visiting Scholar" an der University of Cambridge (Großbritannien) und kehrte im Anschluss nach Mailand zurück. Sie war beim National Research Council tätig und machte 1999 ihren PhD-Abschluss in Pharmakologie und Toxikologie. Weitere Stationen umfassten die Universität Mailand-Bicocca, das European Institute of Oncology (ebenfalls in Mailand) sowie die Universität Oslo im Rahmen einer Gastprofessur. Zuletzt war sie Gruppenleiterin sowie Vize-Rektorin für Forschung an der Humanitas Universität sowie stellvertretende Direktorin des Humanitas Research Hospitals in Mailand. Sie konnte bisher drei Förderungen vom Europäischen Forschungsrat (ERC) einwerben und ist Mitglied der European Molecular Biology Organization (EMBO) sowie der Accademia dei Lincei. Im Jahr 2016 gründete sie das Biotech-Start-up Postbiotica.