Prof. PÜSPÖK: Zwar handelt es sich bei rezidivierenden gastrointestinalen Beschwerden junger Patient:innen häufig um ein Reizdarmsyndrom (RDS), doch sollte eine strukturierte Ausschlussdiagnostik organischer Ursachen immer der erste Schritt sein. Mögliche organische Ursachen für die von Frau C. angegebenen Symptome sind neben einem RDS eine Laktose- oder Fruktosemalabsorption, eine Zöliakie, eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED), eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms, ein Gallensäureverlustsyndrom sowie andere seltene gastrointestinale Erkrankungen, etwa ein Mastzellaktivierungssyndrom oder ein intestinales Angioödem. Bei Frauen sind auch gynäkologische Ursachen wie eine Endometriose in Betracht zu ziehen.
Mithilfe der Rom-IV-Kriterien können funktionelle Beschwerden auch systematisch erkannt werden. Ein Reizdarm liegt vor, wenn Beschwerden mindestens sechs Monate lang bestehen, die Bauchschmerzen zumindest an einem Tag pro Woche innerhalb der letzten drei Monate aufgetreten und zumindest zwei der folgenden Symptome vorhanden sind: Zusammenhang mit dem Stuhlgang, Veränderung der Stuhlfrequenz oder Veränderung der Stuhlkonsistenz.
Auch wenn alle Kriterien erfüllt sind, sollten sogenannte Red Flags oder Warnhinweise stets berücksichtigt werden. Dazu zählen ein unklarer Gewichtsverlust, Blut im Stuhl (sichtbar oder okkult), eine Eisenmangelanämie, Fieber, Nachtschweiß, eine positive Familienanamnese hinsichtlich einer CED oder eines kolorektalen Karzinoms sowie einer Erstmanifestation im Alter von über 50 Jahren. Es ergibt sich so die Basisdiagnostik, die in jeder Praxis durchgeführt werden kann.