Das interdisziplinäre Forschungsteam von fünf Instituten der Med Uni Innsbruck verwendete ein besonders realistisches, standardisiertes und optimiertes Lungenzellmodell, um zu untersuchen, wie sich die Virusvarianten Delta und Omicron auf die Genaktivität von Lungenzellen auswirken. Während sich 24 Stunden nach Infektion kaum Unterschiede zu nicht infizierten Kontrollzellen zeigten, war drei Tage nach der Infektion das genetische Gleichgewicht der Zellen deutlich gestört – sowohl bei den Protein-codierenden Genen als auch bei den ncRNAs.
Es wurden fünf zentrale Signalwege und deren Auswirkungen wurden identifiziert:
- Angeborene Immunantwort und Typ-I-Interferon-Antwort
- Virusanheftung, -zusammenbau und –replikation
- Entzündungshemmende Signalwege
- Genregulation und Proteinsynthese
- Zellproliferation, Anti-Apoptose und Onkogenese
Durch die Beeinflussung dieser Signalwege konnte das SARS-CoV-2 Virus infizierte Zellen "am Leben erhalten", das heißt, die sogenannte Apoptose zu verhindern, um sich dadurch besser vermehren zu können. Die Forscher:innen stellten dabei sehr unterschiedliche Reaktionen von Zellen nach Exposition mit Delta oder Omicron bei Protein-codierenden Genen, wie CXCL10, IFIT2 und ZC3HAVI fest, beobachteten jedoch eher moderate Unterschiede zwischen beiden Virusvarianten bezüglich der ncRNA Expression. Beide Virusvarianten greifen also erfolgreich auf ähnliche ncRNA Gene zurück, um ihre Vermehrung zu gewährleisten.
Eine Ausnahme davon war, dass das Gen für eine sehr kleine RNA, die miR-155-5p, bei der Omicron-Variante wesentlich geringer exprimiert war als bei der Delta-Variante. Zudem wurde auch beobachtet, dass in Omicron infizierten Zellen eine fragmentierte Transfer-RNA, die sogenannte tRFGlu(TTC), erhöht vorgefunden wurde. Die unterschiedliche Expression dieser beiden zentralen ncRNA Genschalter könnte möglicherweise damit zusammenhängen, dass der Verlauf vieler Omicron-Infektionen milder ist als der Verlauf von Infektionen mit der Delta-Variante. In Zukunft könnten diese beiden ncRNA Gene daher als Biomarker dienen, um schwere Krankheitsverläufe frühzeitig zu erkennen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal "Molecular Therapy – Nucleic Acids" veröffentlicht.