Auch wenn die Wahrnehmung der Medien und Bevölkerung gelegentlich eine andere sein mag: nur 2 bis 3 % der Pathologie-Arbeit beschäftigt sich mit der Obduktion von Verstorbenen. Eine große Rolle spielt stattdessen die Diagnostik von lebenden Menschen. Die Molekularpathologie mit DNA-Untersuchungen und Proteinanalysen ermöglicht die personalisierte Medizin, wie sie vermehrt bei Krebs und anderen schweren Erkrankungen benötigt wird.
In Österreich erkranken etwa 1.000 Menschen an primären Leberkrebs, der meist eine sehr schlechte Prognose hat. Hinzu kommt, dass mehrere tausend Menschen Metastasen in der Leber entwickeln. Um nun festzustellen, ob es sich um primären Leberkrebs handelt oder um die noch viel häufigeren Metastasen eines anderen Krebses, der sich in der Leber festgesetzt hat, werden Biopsien, spezifische und genaue histologische, immunhistologische und molekularpathologische Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, ob es sich beim primären Leberkrebs um einen hepatozellulären Leberkrebs handelt, der aus den Leberzellen entstanden ist, oder um ein Gallengangskarzinom, das sich aus den Gallengangsepithelzellen gebildet hat. Diese Krebstypisierung ist essenziell für die weitere, spezialisierte Therapiewahl.
Beim Lungenkrebs, der etwa 15 % aller primären Karzinome ausmacht, sind mittlerweile molekulare Therapien etabliert, die auf den Ergebnissen der molekularpathologischen Forschung und entwickelten und qualitätsgesichert eingesetzten molekularpathologischen Untersuchungen beruhen. Die molekularen Therapien bieten hier einen signifikanten, teilweise längerfristigen Überlebensvorteil. Nicht nur Lungenkrebspatient:innen profitieren von der Molekularpathologie und den entsprechenden molekularen Therapien. Mittlerweile werden sie bei fast allen Krebsarten, wie auch Brustkrebs, Darm- und Magenkrebs erfolgreich eingesetzt. Zusätzlich spielt die Pathologie auch eine Rolle in der Prävention, indem sie die zum Beispiel Vorerkrankungen, wie Hepatitis B und C, Alkoholkonsum, oder Fettlebern diagnostizieren kann, die eine maßgeblichen Ursache für primäre Lebertumore sind.
Die Pathologie ist ein eher kleines Fachgebiet in der Medizin, jedoch arbeitet sie fast täglich mit fast allen medizinischen Fachrichtungen zusammen und es besteht großes Innovationspotential. Es werden neue Biomarker entdeckt, molekularpathologischen Verfahren verbessert, und neue Proteinanalyse-Methoden genutzt, um Tumorgewebe genauestens zu charakterisieren und immer mehr Patient:innen zu untersuchen. Hinzu kommt, dass stark auf Digitalisierung gesetzt wird und damit ständig neue, teilweise auch AI-unterstützte Verfahren entwickelt werden. Das alles führt zu einer immer besseren und verfeinerten Diagnostik, welche die Basis für jede Therapie ist.