Patient:innen mit Krebsverdacht müssen auf wichtige diagnostische Untersuchungen lange warten, für ein MRT bis zu zwölf Wochen und für ein CT drei bis vier Wochen. Doch der Zeitverlust kann fatale Folgen haben. Eine Verzögerung um vier Wochen erhöht bei Krebsoperationen die Sterblichkeit um 6-8 % und bei Strahlen- oder medikamentöser Therapie um 9-13 %.
Aktuell haben betreuende Onkolog:innen nur wenig Handhabe, diese Prozesse zu beschleunigen. Sie telefonieren herum und versuchen, Einiges abzuklären: Hat jemand brauchbare Beziehungen? Kann man einen Einschubtermin organisieren? Kann die Patient:in vielleicht stationär aufgenommen werden, obwohl die Person das nicht braucht? Kann die Untersuchung im Spital stattfinden? Der Aufwand ist groß, gleichzeitig zahlen manche Patient:innen privat und bekommen für 300 Euro eine Untersuchung am gleichen Nachmittag.
Derzeit gibt es in Österreich keine Priorisierung im bildgebenden Bereich für Krebspatient:innen. Dies führt dazu, dass ein hoher Anteil an nicht evidenzbasierten Diagnoseschritten, etwa bei Rücken- oder Knieschmerzen, das System gewissermaßen 'verstopfen'. Die Effizienz in der Krebsdiagnose könnte durch Fast-Track-Diagnoseprogramme gesteigert werden. Einige europäische Länder haben bereits erfolgreich solche Programme etabliert. Ein Beispiel ist das dänische 'Cancer Patient Pathways Program', das seit 2008 läuft. Damit gelang es, die Wartezeiten auf Diagnose bei allen Krebsformen zu senken und so das Drei-Jahres-Überleben von 45 % auf 54 % zu steigern. Ähnlich dazu konnte ein Lungenkrebs-Fast-Track-Programm in Italien die Zeit bis zur Diagnose von 43 auf 25 Tage drücken. Und in Spanien wurde durch ein Darmkrebs-Fast-Track-Programm die Wartezeit von 68 auf 26 Tage verringert. Oft seien nicht einmal mehr Ressourcen nötig, sondern nur eine Umorganisation.
Viele Krebsformen sind heute so gut behandelbar, sodass Erkrankte selbst in fortgeschrittenen Stadien oft lange damit leben können. Die Sterblichkeit nimmt seit Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich ab. Bei Männern ist sie um 36 % zurückgegangen, bei Frauen um 31 %. Gleichzeitig steigt die Prävalenz onkologischer Erkrankungen, das heißt, immer mehr Menschen leben mit Krebs, aktuell rund 419.000 Personen. Die Zahlen der Patient:innen, die eine Bestrahlung bzw. eine medikamentöse Therapie erhalten, sind allein zwischen 2017 und 2024 jeweils um 33 % gestiegen. Dieser Trend wird sich in Zukunft voraussichtlich noch verstärken, und darauf müssen wir uns angesichts einer älter werdenden Gesellschaft vorbereiten.
Daher ist ein flächendeckendes Instrument für die notwendige Steuerung umso wichtiger. Die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie empfiehlt daher, das Instrument der 'onkologischen Dringlichkeit' im österreichischen Gesundheitssystem einzuführen, um Patient:innen rasch durchs System zu lotsen.