Hausärzt:in 06/2024

Mikroskopie-Innovation: Philipp Velicky erhält "Scientific Milestone Award 2024"

Mag. Philipp Velicky, PhD, Leiter der Imaging Core Facilities der MedUni Wien, wurde von der Wilhelm Exner Medaillen Stiftung für die Präsentation einer innovativen Methode zur Darstellung von Hirngewebe bei den diesjährigen Exner Lectures mit dem "Scientific Milestone Award 2024" ausgezeichnet.

Das Gehirn ist ein hochkomplexes Organ. das bei Menschen aus etwa 86 Milliarden Neuronen besteht. Jedes dieser Neurone ist mittels tausender von Synapsen mit anderen Neuronen verschaltet. Um eine solche Komplexität zu verstehen, bedarf es Technologien, mit denen die winzigen, komplizierten Wechselwirkungen, die im Gehirn auf mikroskopischer Ebene stattfinden, entschlüsselt werden können. Aus diesem Grund sind bildgebende Verfahren entscheidende Instrumente in den Neurowissenschaften.

Bei der nun von einem interdisziplinären Team entwickelten Methode mit dem Namen LIONESS (Live Information Optimized Nanoscopy Enabling Saturated Segmentation) handelt es sich um eine Pipeline zur Abbildung, Rekonstruktion und Analyse von lebendem Hirngewebe mit einer bisher nicht dagewesen räumlichen Auflösung und Vollständigkeit. Ein zweistufiges Deep Learning-basiertes Verfahren hilft dabei, die Aufnahme ausreichend schonend für die lebenden Zellen zu machen und weiters das hochkomplexe Arrangement automatisch zu segmentieren und 3D rekonstruieren. "LIONESS ermöglicht uns zum ersten Mal, lebendes Hirngewebe umfassend und dicht zu rekonstruieren. Durch das mehrfache Abbilden des Gewebes, können wir mit LIONESS beobachten und messen, wie die dynamische Zellbiologie im Gehirn ihren Lauf nimmt", erklärt Erstautor Philipp Velicky, Leiter der Imaging Unit der Core Facilities der MedUni Wien. "Das Ergebnis ist ein dreidimensionales, rekonstruiertes Bild der zellulären Strukturen. Die vierte Dimension stellt die Zeit dar – die Probe kann nämlich über Minuten, Stunden oder Tage hinweg abgebildet werden", so Velicky. Zudem lassen sich neuronale Aktivität und spezifische Moleküle durch ausgewählte Färbeverfahren auf Ebene einzelner Synapsen darstellen.

Philipp Velicky studierte Molekularbiologie an der Universität Wien und absolvierte seine Diplomarbeit an der University of Oxford. Nach dem PhD-Studium an der MedUni Wien bei Martin Knöfler im Bereich humaner Plazenta Forschung arbeitete er als Postdoc am Institute of Science and Technology Austria (ISTA). In einem interdisziplinären Team entwickelte er dort eine neue Lichtmikroskopie Methode, um lebendes Gehirngewebe dreidimensional und hochauflösend (im Nanometer Bereich) aufzunehmen und zu rekonstruieren. Diese Methode erlaubt erstmals die gleichzeitige Aufnahme von zellulärer Morphologie und Dynamik mit neuronaler Aktivität auf der Ebene einzelner Synapsen. Seit Februar 2023 leitet Velicky die Core Facility Unit Imaging an der MedUni Wien.

Seine Arbeit wurde im Journal "Nature Methods" veröffentlicht.

Velicky et al. (2023). Dense 4D nanoscale reconstruction of living brain tissue. Nature Methods, 20(8), 1256–1265. https://doi.org/10.1038/s41592-023-01936-6