Hausärzt:in 06/2024

Hirntumoren: Fortschritt für die personalisierte Therapie

Eine aktuelle Studie der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften zeigt, dass Machine Learning (ML) – Methoden Mutationen in Gliomen rasch und akkurat diagnostizieren können.

Trotz noch immer schlechter Prognose können personalisierte Therapien den Behandlungserfolg von Gliomen, primären Hirntumoren, bereits maßgeblich verbessern. Jedoch beruht der Einsatz solcher Therapien auf individuellen Tumordaten, die bei Gliomen aufgrund ihrer Lokalisation im Gehirn nicht leicht verfügbar sind. In der Studie wurden Daten von physio-metabolischen Magnetresonanz-Bildern zur Identifikation von Mutationen eines Stoffwechselgens mittels ML ausgewertet. Mutationen dieses Gens beeinflussen den Krankheitsverlauf maßgeblich. "Tatsächlich haben Patient:innen, deren Gliomzellen eine mutierte Form des Gens für Isocitratdehydrogenase (IDH) tragen, bessere klinische Aussichten als jene, bei denen die Wildtypform vorliegt. Je früher wir deshalb über diesen Mutationsstatus Bescheid wissen, desto optimaler können wir die Behandlung individualisieren", erläutert Prof. Andreas Stadlbauer, Medizinphysiker am Zentralinstitut. Unterschiede im Energiestoffwechsel von mutierten bzw. Wildtyp-Tumoren können auch ohne Gewebeproben mittels sogenannter physio-metabolischer MRT gut erfasst werden. Doch die Auswertung und Beurteilung der Daten sind eine hochkomplexe und zeitraubende Angelegenheit. 

Daher analysierte das Forschungsteam diese Daten mittels ML-Methoden, um rascher ein Ergebnis zu erhalten und entsprechende Therapieschritte einleiten zu können. Um die Genauigkeit der erzielten Ergebnisse zu beurteilen, wurde in der Studie zunächst auf Daten von 182 Patient:innen des Universitätsklinikums St. Pölten zurückgegriffen, deren MRT-Daten nach einheitlichen Protokollen erhoben wurden. "Wir erzielten eine Präzision von 91,7 % und eine Genauigkeit von 87,5 % bei der Unterscheidung zwischen Tumoren mit dem Wildtyp-Gen oder der mutierten Form. Wir verglichen diese Werte dann auch mit ML-Auswertungen von klassischen klinischen MRT-Daten und konnten zeigen, dass die Verwendung von physio-metabolischen MRT-Daten als Grundlage eindeutig bessere Ergebnisse erzielte", so der Wissenschafter.

Die Studie verdeutlicht jedoch auch, dass dem klinischen Routineeinsatz der Methode aktuell noch uneinheitliche Standards bei der Gewinnung physio-metabolischer Magnetresonanz-Bilder entgegenstehen. Als die ML-Methode auf MRT-Daten aus Datenbanken anderer Krankenhäuser angewendet wurde, erwies sich die ML-Methode als erfolgreicher, die mit klassischen klinischen MRT-Daten trainiert worden war. Doch dies Problem ist für Stadlbauer "nur" eines der Standardisierung, die mit zunehmendem Einsatz physio-metabolischer MRTs unweigerlich kommen wird. Die Methode selbst habe sich großartig bewährt und würde einen hervorragenden Ansatz bieten, um zukünftig präoperativ den IDH-Mutationsstatus von Gliom-Betroffenen zu erheben und Therapieoptionen zu individualisieren.

Die Studie wurde im Journal "Cancers" publiziert.

Stadlbauer et al. (2024). Machine Learning-Based Prediction of Glioma IDH gene mutation Status using Physio-Metabolic MRI of oxygen Metabolism and Neovascularization (A bicenter Study). Cancers, 16(6), 1102. https://doi.org/10.3390/cancers16061102