Doch warum ist eine stationäre Reha oft sinnvoller als eine ambulante? Welchen Zusammenhang gibt es mit Stress? Und worin besteht der Unterschied zwischen Männern und Frauen? Diese Fragen beantwortet Prim. Dr. Robert Hatschenberger, Ärztlicher Direktor des Klinikums Bad Hall.
Warum ist eine stationäre Herz-Kreislauf-Reha sinnvoll?
Zum einen ermöglicht der stationäre Aufenthalt eine intensive medizinische Betreuung rund um die Uhr, wodurch akute gesundheitliche Probleme frühzeitig erkannt und behandelt werden können. Zum anderen sorgt das strukturierte Setting für eine gezielte interdisziplinäre Therapie. Diese besteht aus kardiologischer Überwachung, Physio-, Bewegungstherapie und Ergotherapie, Ernährungsberatung und psychologischer sowie psychosozialer Betreuung. Patient:innen profitieren von einer kontinuierlichen Supervision und professionellen Anleitung, wodurch die Compliance und der langfristige Erfolg bei der Umstellung des Alltags gesteigert werden. Ein weiterer zentraler Aspekt: Das Reha-Umfeld ist frei von alltäglichen Stressoren. Gerade während der frühen Regenerationsphase können Ruhe und eine kontrollierte Umgebung die Genesung positiv beeinflussen – das wurde in Studien eindrücklich gezeigt.
Wie wird in der stationären Reha Stressbewältigung erlernt?
Chronischer Stress ist ein entscheidender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Er beeinflusst das autonome Nervensystem und kann zu einer Erhöhung von Blutdruck, Herzfrequenz und Entzündungsmarkern führen, die wiederum Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Die stationäre Reha bietet ein Umfeld, in dem Patient:innen Techniken zur Stressbewältigung erlernen können. Programme für die kognitive Verhaltenstherapie, Achtsamkeitstraining und Entspannungsübungen wie progressive Muskelentspannung oder Yoga haben nachweislich positive Effekte auf die kardiovaskuläre Gesundheit. Zudem bietet die Interaktion mit anderen Betroffenen eine wichtige psychosoziale Unterstützung und trägt zur Krankheitsverarbeitung bei. Gruppensitzungen oder therapeutische Gespräche können helfen, Stressoren zu identifizieren und besser mit ihnen umzugehen.
Welche genderspezifischen Aspekte gilt es zu beachten?
Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur in ihrer Symptomatik, sondern auch in ihrem Zugang zu Reha-Maßnahmen und ihrer Reaktion auf sie. Studien zeigen, dass Frauen oft später diagnostiziert werden und dann seltener eine Herz-Kreislauf-Reha in Anspruch nehmen. Mögliche Gründe dafür sind eine geringere Häufigkeit von Überweisungen durch Ärzt:innen, aber auch soziale Faktoren wie familiäre Verpflichtungen oder eine weniger ausgeprägte Eigenwahrnehmung der Erkrankung. Darüber hinaus spielen psychologische Aspekte eine Rolle: Frauen leiden häufiger unter Depressionen und Angststörungen nach kardiovaskulären Ereignissen, was die Motivation zur Teilnahme an einer Reha beeinflussen kann. Ein weiteres relevantes Thema ist die jeweils andere Reaktion auf Bewegungstherapien. Während Männer oft von intensiveren Trainingsprogrammen profitieren, erzielen Frauen laut Untersuchungen bessere Ergebnisse, wenn das Training individuell angepasst und stufenweise gesteigert wird.
Wir sehen: Es ist wichtig, gendersensible Programme zu entwickeln, die diese Unterschiede berücksichtigen, etwa durch flexible Betreuungsangebote oder spezifische psychologische Unterstützung.