Hausärzt:in 04/2024

Pregabalin: unverzichtbar in der Palliativmedizin

OPG übt Kritik: Unreflektierte Medienberichte über Pregabalin-assoziierte Todesfälle führen zur Verunsicherung von Patient:innen und Ärzt:innen.

In einem von der SUNDAY TIMES publizierten Artikel vom 13. März 2024 wird das Arzneimittel Pregabalin für tausende Todesfälle in Großbritannien verantwortlich gemacht. Das Thema wurde von internationale Medien aufgegriffen und entfachte ein "Bashing gegen ein Medikament, das für uns in der Palliativ- und Schmerzmedizin unverzichtbar ist", betont OA Dr. Dietmar Weixler, MSc, Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG).

In dem erwähnten SUNDAY TIMES Artikel würde eine Frau über den tragischen Tod ihres Sohnes im englischen Suchtmilieu berichten. "Der in der Zeitung zitierte wissenschaftliche Artikel von Nicola J Kalk aus 2022 ist aus dem Bereich der forensischen Medizin und kann ohne detaillierte Interpretation heftig verunsichern. Die von uns bereits 2015 kritisierte Methodik, anhand von Blutspiegelmessungen an einem nicht repräsentativen Kollektiv von Leichen auf die Todesursache zu schließen, steht in krassem Konflikt mit der klinischen Praxis einer sorgfältigen Therapieplanung und -kontrolle in der Palliativ- und Schmerzmedizin", so Weixler. Aufgrund eines einzelnen Fallberichts aus der Drogenszene wäre ein Verzicht auf Pregabalin nicht im Sinne der Patient:innensicherheit, argumentiert Weixler. Das Medikament sei im Rahmen einer medizinisch indizierten und kontrollierten Anwendung essenzieller Bestandteil im Instrumentarium einer wirksamen Palliativ- und Schmerzmedizin.

Von der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) wird die Position der OPG unterstützt. Der Umgang mit dem Medikament ist für ÖSG-Generalsekretär Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc, im Rahmen seiner Palliativ- und Schmerztätigkeit tägliche Routine. Er hat die Studien, die die Basis für das mediale Pregabalin-Bashing bilden, genau gelesen und hält deren Ergebnisse ebenfalls für "äußerst fragwürdig".  Weder wurden demografische Daten oder Begleiterkrankungen erhoben, noch sei zwischen Schmerz- und Substitutionspatient:innen unterschieden worden. Die in den Studien beschriebenen toxischen Eigenschaften von Pregabalin wären in den Dosierungen, die in der Schmerzmedizin gegeben werden, nicht relevant, erklärt Likar.

In der Therapie der sogenannten neuropathischen Schmerzen gilt Pregabalin in Österreich als eines der wichtigsten und am häufigsten verordneten Medikamente.