Hausärzt:in 06/2024

Krebsimmuntherapie: Hemmung von epigenetischen Kontroll-Enzymen als neuer Ansatzpunkt

Eine aktuelle Studie von Cristiano De Sá Fernandes aus der Forschungsgruppe von Maria Sibilia vom Zentrum für Krebsforschung und dem Comprehensive Cancer Center von MedUni Wien und AKH Wien zeigt, dass die Entfernung bestimmter Enzyme aus den Dentritischen Zellen des Immunsystems deren Entwicklung beeinflusst und die Anti-Tumor-Immunität verbessert.

Bei Krebszellen handelt es sich um körpereigene Zellen, die ihren Platz und damit ihre Aufgabe im Körper verlassen und sich nicht wie vorgesehen teilen und entwickeln. Das Schwierige an ihrer Bekämpfung: Das Immunsystem kann sie als körpereigene Zellen nicht erkennen und bekämpft sie daher auch nicht. An diesem Punkt setzt die Immuntherapie an: Sie befähigt das eigene Immunsystem, die Krebszellen zu identifizieren und die körpereigenen Abwehrkräfte zu aktivieren. Dendritische Zellen (DCs) sind wichtige Zellen des Immunsystems. Sie entstehen aus Vorläuferzellen und können durch Veränderung ihrer Genaktivität verschiedene Untergruppen bilden. Diese Untergruppen erfüllen unterschiedliche Funktionen im Immunsystem. Wie bestimmte epigenetische Veränderungen im Chromatin diese Prozesse beeinflussen, ist jedoch noch nicht genau bekannt.

Die Forscher:innen hemmten in der Studie zwei Enzyme, die solche epigenetische Prozesse regulieren, um zu sehen wie sich das auf die Entwicklung von Dentritischen Zellen auswirkt. Dabei fokussierten sie sich auf die spezifischen Enzyme HDAC1 und HDAC2. Durch Multi-Omics-Analysen, also die Analyse mehrerer biologischer Daten wie Genexpression und Chromatinzugänglichkeit, stellten die Forscher:innen fest, dass die Entwicklung von bestimmten Untergruppen der Dentritischen Zellen durch das Fehlen von HDAC1 beeinträchtigt war. Dies zeigt, dass HDAC1 eine entscheidende Rolle in deren Entstehen spielt. Fehlt HDAC1, ändern DCs ihre Immunantwort, wodurch die Überwachung von Tumoren verbessert wird. Keine großen Auswirkungen auf die Entwicklung der DCs hatte hingegen das Entfernen des Enzyms HDAC2.  

Kurz gefasst zeigt die Studie, dass die Entfernung von HDAC1 die Entwicklung bestimmter DC-Untergruppen beeinflusst und die Anti-Tumor-Immunität verbessert. Diese Ergebnisse könnten zu neuen therapeutischen Strategien in der Krebsimmuntherapie führen. Die Studie wurde im Rahmen des vom FWF geförderten PhD-Programms DocFunds "Tissue Home" durchgeführt.

Die Forschungsarbeit wurde im Journal "Cell Reports" publiziert.

De Sá Fernandes et al. (2024). The histone deacetylase HDAC1 controls dendritic cell development and anti-tumor immunity. Cell Reports, 43(6), 114308. https://doi.org/10.1016/j.celrep.2024.114308