Hausärzt:in 06/2024

Cystische Fibrose: Neue Erkenntnisse über polymikrobielle Infektionen

Ein internationales Studienteam unter Leitung der MedUni Wien hat bei der Cystischen Fibrose zwei verschiedene Typen der sogenannten Dysbiosen identifiziert, die sich unterschiedlich verhalten und voraussichtlich auch unterschiedlich auf Therapien reagieren.

Chronische Lungenerkrankungen wie COPD, Asthma oder Cystische Fibrose führen zu einem fortschreitenden Verlust der Lungenfunktion und sind mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Eine wesentliche Rolle spielen polymikrobielle Infektionen der Atemwege, bei denen sich bakterielle Lebensgemeinschaften in der Lunge etablieren, die schwer zu behandeln sind. Häufig sind diese Infektionen mit wiederkehrenden akuten Verschlechterungen der Symptome verbunden (Exazerbationen, "PEx"), die den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.

Eine aktuelle Studie unter der Leitung von Stefanie Widder von der MedUni Wien in Zusammenarbeit mit Kolleg:innen um John J. LiPuma von der University of Michigan Medical School Ann Arbor hat sich der Charakterisierung dieser krankheitsbeschleunigenden Mikrobiota ("Dysbiosen") im Krankheitsmodell der Cystischen Fibrose gewidmet und deren ökologische Netzwerke untersucht. Das Ziel war es, Hypothesen zu entwickeln, die präzisere Behandlungsstrategien für Personen mit chronischen Lungenerkrankungen ermöglichen. Über einen längeren Zeitraum wurden dafür Sputumproben von Cystische-Fibrose-Patient:innen gesammelt, sequenziert und anschließend mit computergestützten Modellen analysiert. Zwei unterschiedliche Dysbiose-Typen wurden dabei entdeckt, die sich grundsätzlich in ihrer Organisation unterscheiden: als hierarchische oder stochastische Netzwerke. Dass diese strukturellen Unterschiede der Mikrobiota weitreichende Konsequenzen haben, wurde anhand der Sequenzdaten gezeigt: Gefährliche Keime wie Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus waren nur dann wichtige Treiber der Infektion, wenn sie an der Spitze der Hierarchie standen. Ansonsten zeigten sie eine eher zufällige Dynamik, was darauf hindeutet, dass sie unter solchen Bedingungen weniger entscheidend für den Infektionsverlauf sein könnten.

Zudem reagieren die beiden Dysbiose-Typen wahrscheinlich unterschiedlich auf Behandlungen. Ein vereinfachtes Computermodell, das den Effekt von antimikrobiellen Medikamenten auf pathogene Keime simulierte, sagte eine bessere Wirksamkeit bei hierarchisch organisierten Mikrobiota voraus. Diese beiden Aspekte sind für Betroffene und deren Behandlungsteams von großer Bedeutung. "Unsere Studie offenbart einen datenbasierten, kausalen Zusammenhang zwischen PEx, mikrobieller Ökologie und einem Behandlungserfolg", so Studienleiterin Widder, "die Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage für weiterführende translationale Forschung an einem personalisierten Management von Dysbiosen, sowohl bei Cystischer Fibrose als auch bei anderen obstruktiven Lungenerkrankungen."

Die Studie wurde im Journal "Nature Communications" publiziert.

Widder, S., Carmody, L.A., Opron, K. et al. (2024). Microbial community organization designates distinct pulmonary exacerbation types and predicts treatment outcome in cystic fibrosis. Nat Commun 15, 4889. https://doi.org/10.1038/s41467-024-49150-y