Unter dem Titel "Verantwortung und Erinnerung: Das digitale Gedenkbuch der verfolgten und vertriebenen Mitglieder der Gesellschaft der Ärzte in Wien 1938" wurde am 3. Dezember die erste Fassung des digitalen Gedenkbuchs präsentiert – ein Gemeinschaftsprojekt der Gesellschaft der Ärzte in Wien mit dem Institut für Ethik, Sammlungen und Geschichte der Medizin der Medizinischen Universität Wien (Leitung von Univ.-Prof. Dr. Herwig Czech).
"Im Jahr 2022 haben wir begonnen, die Jahre 1930 bis 1960 – einer Zeit, die auch an der Gesellschaft der Ärzte in Wien tiefgreifende Spuren hinterließ – kritisch zu diskutieren und systematisch in Kooperation mit Univ. Prof. Dr. Herwig Czech und seinem Mitarbeiter, Dr. Josef Hlade, aufzuarbeiten", erläuterte Univ.-Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer, Past-Präsidentin und Initiatorin des Forschungsprojekts. Drei Symposien bildeten bisher zentrale Stationen dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung; die Ergebnisse werden in Kürze in der Wiener klinischen Wochenschrift publiziert. "Das digitale Gedenkbuch ist ein weiterer wesentlicher Baustein unserer aktiven Erinnerungskultur." Federführend bei der Erstellung war Dr. Josef Hlade. Hung Dien, MSc. war von Seiten der Gesellschaft der Ärzte für die technische Umsetzung verantwortlich.
Dabei wurde tief in die Archive geblickt. "Grundlage des Gedenkbuches waren das Mitgliederverzeichnis von 1938 sowie die damals geführten Mitgliederkarteikarten", beschreibt Dr. Hermann Zeitlhofer, Historiker und Archivar der Gesellschaft. "Von den 890 Mitgliedern, die die Gesellschaft damals führte, konnten 623 Personen – also rund 70 % – als Verfolgte identifiziert werden. Etwa 540 von ihnen wurden aus antisemitischen Gründen ausgeschlossen, die übrigen vorwiegend aufgrund politischer Verfolgung." Für jede dieser Personen wurden Name, Fachrichtung, Wohnadresse, Mitgliedschaftsdaten sowie vorhandene biografische Informationen rekonstruiert und die Originaldokumente digital eingebunden. Volc-Platzer betont: "Wir schaffen für Menschen, denen Unrecht geschehen ist, einen digitalen Ort des Erinnerns."