Maria HOCHGERNER: Im ersten Moment wirkt es vielleicht kontraintuitiv, geschwächtes Gewebe zu belasten. Knochen sind jedoch, ähnlich wie Muskeln, anpassungsfähig. Mechanische Belastung fördert die Osteogenese, während Inaktivität den Knochenabbau beschleunigt. Auf den Fall von Karla B. angewandt, könnte die physiotherapeutische Vorgehensweise folgendermaßen aussehen: Frau B. beginnt nach initialer Schonung und Maßnahmen zur Förderung der Regeneration mit progressiver Belastung der verletzten Region – unter Berücksichtigung der Wundheilung –, bis sie von der Rehabilitation zum Training übergehen kann. Parallel startet sie mit Krafttraining für periphere Muskelgruppen.
Empfehlungen für Krafttraining bei Osteoporose
Die korrekte Übungsausführung wird in der ersten Phase des Trainings erlernt und stellt einen essenziellen Sicherheitsaspekt dar. Karla B. beginnt mit drei Sätzen à 20 Wiederholungen pro Übung, zweimal pro Woche. Der Widerstand wird so gewählt, dass die Übungen kontrolliert ausgeführt werden können. Sitzt die Technik, kann die Intensität über mehrere Trainingszyklen auf 80-85 % der Maximalkraft gesteigert werden, um den besten Effekt auf die Knochendichte zu erzielen. Beim Maximalkrafttraining angelangt, trainiert Frau B. zweimal wöchentlich im Fitnessstudio und strebt fünf Trainingssätze à fünf Wiederholungen pro Übung an. Davor führt sie ein bis zwei Aufwärmsätze mit geringerem Gewicht sowie allgemeine Aufwärmübungen durch.
Für Karla B. wird ein Ganzkörperprogramm aus Verbundübungen zusammengestellt, bei denen die Wirbelsäule belastet wird. Konkret bedeutet das Kreuzheben und Kniebeugen sowie Schulterdrücken und Klimmzüge. Außerdem werden für individuelle Anforderungen Assistenzübungen durchgeführt. Bei ihr umfassen sie beispielsweise isometrisches Training der Rumpfmuskulatur, Beweglichkeitsübungen für die Schulter- und Schultergürtelregion sowie Hypertrophietraining der Beinmuskulatur. Zusätzlich zum Krafttraining wird Frau B. auch in ein Stoßbelastungstraining eingeführt. Des Weiteren wird ihr erklärt, welche Bewegungen aufgrund des potenziellen Frakturrisikos vermieden werden sollten, unter anderem Heben mit rundem Rücken und wiederholte belastete endgradige Flexion der Wirbelsäule (z. B. Sit-ups oder bestimmte Yogaübungen). Frakturen durch Training treten generell selten auf. Die gesundheitlichen Folgen von Inaktivität sind hingegen um einiges häufiger und weitreichender.
Muskelmasse, Knochendichte und Kraft
Karla B. trainiert seit Beginn der Rehabilitation unter physiotherapeutischer Anleitung sowie zwischendurch eigenständig im Fitnessstudio. Das bietet die am besten kontrollierte Umgebung für ein osteoporosespezifisches Training. Alternativ könnte sie anderen gewichtsbelastenden Aktivitäten nachgehen. Der Einfluss auf die Knochendichte lässt sich damit jedoch weniger genau steuern. Eine Verbesserung der Knochendichte kann frühestens nach sechs bis acht Monaten gemessen werden. Um den Zuwachs von Muskel- und vor allem Knochenmasse zu ermöglichen, muss die Versorgung mit kritischen Nährstoffen wie Protein, Vitamin D und Kalzium sichergestellt werden. Daher wird Frau B. parallel zur ärztlichen Überwachung und Physiotherapie an die Diätologie überwiesen. Ein Jahr später, nachdem nicht nur die Verletzung ausgeheilt ist, sondern auch Muskelmasse, Knochendichte und Kraft zugenommen haben, fühlt sie sich fitter denn je. Sie berichtet über mehr Sicherheit und Agilität, beispielsweise beim Spielen mit ihren Enkelkindern auf dem Spielplatz. Auch die Hausarbeit kann sie nun frei von Rückenschmerzen erledigen. Krafttraining ist ein fixer Bestandteil ihrer Routine geworden – es hält sie körperlich und mental fit, verleiht ihr Selbstvertrauen und befähigt sie, aktiv am Leben teilzunehmen.1,2,3,4