Worauf es jetzt im Gesundheitsbereich ankommt
Die Verhandlungen des Doppelbudgets 2025 und 2026 laufen, nachdem vergangenen Dienstag der Finanzminister seine Budgetrede hielt. "Es ist erfreulich und verdient Anerkennung, dass es trotz der aktuellen finanziellen Krise keine Einschnitte im Gesundheitsbudget geplant sind", betont Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Ein Volumen von 300 Millionen Euro ist im Bereich Gesundheit und Soziales für 2025 und 2026 vorgesehen. Ein Teil der Mittel fließt in einen Innovationsfonds zur Stärkung der ambulanten Versorgung, außerdem wird die Rezeptgebühr eingefroren. Der ÖÄK-Präsident betont jedoch: "Mit zusätzlichen Einnahmen und Investitionen in die Gesundheit ist es nicht getan, denn nur gezielte Strukturreformen helfen, das solidarische Gesundheitssystem auf lange Sicht abzusichern".
Richtigen Fokus setzen
"Ein verantwortungsvoller und optimaler Ressourceneinsatz hingegen verbessert die Versorgung, ohne dass notwendigerweise höhere Kosten anfallen", sagt Steinhart. Insbesondere im Angesicht des Defizits der Österreichischen Gesundheitskassen müssen die Ressource verantwortungsvoll und sinnvoll eingesetzt werden, was bisher jedoch nicht geschehe. Optimierungspotential gebe es bei großen Ausgabeposten, stattdessen werden die Kernaufgaben der ÖGK eingeschränkt, die medizinische Leistung der Versicherten. Es müssen Strukturreformen innerhalb der ÖGK umgesetzt werden und nicht nur die Versicherungsbeiträge bei Pensionisten und anderer Versicherten erhöht werden.
Ärzt:innen werden von der ÖGK dazu angehalten, Physiotherapien kürzer und in geringerem Ausmaß zu verordnen. "Die Reduktion von Physiotherapien und MRT und CT sind medizinisch zweifelhaft, mit einem geringen finanziellen Output", betont Steinhart. Insbesondere, da die ärztlichen Leistungen nur knapp 15 % des ÖGK-Budgets (von 2023) ausmachten. Der ÖÄK-Präsident unterstreicht: "Statt das Risiko einzugehen, dass infolge einer nicht-bewilligten Untersuchung eine Krankheit übersehen wird, muss bei den restlichen 85 % der Ausgaben angesetzt werden". Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die ÖGK finanziell fit zu machen, ohne dass Patient:innen oder Ärzt:innen die Leidtragenden sind. Einige Empfehlungen gebe es:
- Erstellung eines Immobilienkonzeptes zur wirtschaftlichen und räumlichen Optimierung (Empfehlung des Rechnungshofs)
- Überprüfung der ÖGK-Ambulatorien bzw. Entscheidung darüber, sie zu schließen, sofern sie nicht effizient und ohne Subventionierungen betrieben werden
- Vermeidung weiterer Ambulatoriums-Gründungen, solange die finanzielle Schieflage nicht aufgearbeitet ist
- Kooperation mit anderen Sozialversicherungsträgern bei IT und Immobilienmanagement
Außerdem hat die ÖÄK kürzlich einen Zehn-Punkte-Plan vorgestellt, der helfen kann, die ÖGK nachhaltig zu sanieren, ohne dass es zu Leistungseinschränkungen kommt.
Optimale Reise des Patienten durch das System
Ein budgetpolitisches Ziel ist "Effizienzsteigerung im Gesundheitssystems", sowie die "zielgerichtete Lenkung der Patient:innen durch das Gesundheitssystem". Mit folgenden Vorschlägen sollen 0,9 Milliarden Euro eingespart werden in 2029:
- Ausbau der Gesundheitsberatung 1450
- Anreizsystems zur Einhaltung der Versorgungspfade
- Stärkung der Telemedizin
- Strukturreform der Krankenanstalten
- Gemeinsame Steuerung der Zahlungsströme
"Es ist weder aus medizinischer noch aus wirtschaftlicher Sicht zweckmäßig, dass Patientinnen und Patienten auf Eigeninitiative beliebig Ebenen des Gesundheitssystems in Anspruch nehmen, die es möglicherweise gar nicht gebraucht hätte", und zuzulassen, dass Leistungen am teuersten Punkt der Gesundheitsversorgung, den Krankenhäusern, erbracht werden, wenn das auch im niedergelassenen Bereich optimal möglich wäre. Dafür braucht es Folgendes:
- Ausbau des niedergelassenen Bereichs
- 1.000 zusätzliche Kassenarztstellen
- Flexibilisierung der Kassenverträge
- digitale Vernetzung, wie durch Integration der Bildbefunde in ELGA
- kurze Wartezeiten auf einen Termin in der Arztpraxis
Ärzte im System halten
Der Behandlungsbedarf steige aufgrund der höheren Lebenserwartung und des medizinischen Fortschritts, gleichzeitig würden in den kommenden zehn Jahren knapp die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte das Pensionsalter erreichen. Dazu kommt, dass 30 % der Absolvent:innen eines Medizinstudiums nicht in Österreich versorgungswirksam werden. Österreich muss sowohl in den Spitälern als auch in den Kassenordinationen attraktive, international konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen anbieten, um die Abwanderung zu verringern, wie zum Beispiel:
- Spitalsärzt:innen dürfen auch als Wahlärzte arbeiten
- ärztlichen Leistungen modernisieren und über alle Bundesländer vereinheitlichten
- keine Erhöhung der Medizinstudienplätze, da das Studium teuer ist und die Ärzt:innen dann ins Ausland gehen
Die entsprechende Ausarbeitung der Ärztekammer liegt schon bei den ÖGK-Funktionären und sollte mit Unterstützung der Politik umgesetzt werden. Abschließend betont Steinhart: "Die Ärztekammer steht der Politik und den Sozialversicherungen sehr gerne als Gesprächspartnerin zur Verfügung, um die Weichen für die Zukunft unserer bewährten sozialen und solidarischen Gesundheitsversorgung gemeinsam wirksam und in positiver Weise zu stellen".
Den gesamten Pressetext der Österreichischen Ärztekammer finden Sie hier.