Hausärzt:in 11/2024
Ärzt:in Assistenz 02/2024

Depressionen: Mittels Bildgebung und maschinellem Lernen 6 verschiedene Arten identifiziert

Eine Studie unter Leitung von Forscher:innen der Stanford Medicine zeigt, dass die Bildgebung des Gehirns in Kombination mit maschinellem Lernen Subtypen von Depressionen und Angstzuständen aufdecken kann. Depressionen wurden in sechs Subtypen eingeteilt und Behandlungen ermittelt, die bei drei dieser Typen mit größerer Wahrscheinlichkeit wirksam sind.

Etwa 30 % der Menschen mit Depressionen leiden an einer so genannten behandlungsresistenten Depression, d. h. mehrere Medikamente oder Therapien haben keine Besserung ihrer Symptome bewirkt. Das liegt zum Teil daran, dass es keine gute Möglichkeit gibt, zu wissen, welches Antidepressivum oder welche Art von Therapie einer bestimmten Patient:in helfen könnte. Es kann Monate oder Jahre dauern, bis ein Medikament gefunden wird, das wirkt - wenn es überhaupt wirkt. "Bessere Methoden zur Abstimmung von Patient:innen und Behandlungen sind dringend erforderlich" betont die Hauptautorin der Studie, Dr. Leanne Williams, Professorin für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften und Leiterin des Stanford Medicine's Center for Precision Mental Health and Wellness. 

Um die Biologie, die Depressionen und Angstzuständen zugrunde liegt, besser zu verstehen, untersuchten Williams und ihre Kolleg:innen 801 Studienteilnehmer:innen, bei denen zuvor Depressionen oder Angstzustände diagnostiziert worden waren, mit der bildgebenden Technologie der funktionellen Kernspintomographie (fMRT) zur Messung der Gehirnaktivität. Mithilfe eines maschinellen Lernverfahrens, der so genannten Clusteranalyse, gruppierten sie die Hirnbilder der Patient:innen und identifizierten sechs verschiedene Aktivitätsmuster in den untersuchten Hirnregionen. Die Forscher:innen wiesen 250 Studienteilnehmer:innen nach dem Zufallsprinzip eines von drei häufig verwendeten Antidepressiva oder eine Verhaltenstherapie zu.

Das Ergebnis: Patient:innen mit einem Subtyp, der durch eine Überaktivität in den kognitiven Regionen des Gehirns gekennzeichnet ist, sprachen am besten auf das Antidepressivum Venlafaxin an. Diejenigen mit einem anderen Subtyp, deren Gehirne im Ruhezustand höhere Aktivitätswerte in drei Regionen aufwiesen, die mit Depression und Problemlösung in Verbindung gebracht werden, hatten eine bessere Linderung der Symptome durch eine verhaltenstherapeutische Gesprächstherapie. Diejenigen mit einem dritten Subtyp, die im Ruhezustand niedrigere Aktivitätswerte in dem Gehirnschaltkreis aufwiesen, der die Aufmerksamkeit steuert, zeigten eine geringere Wahrscheinlichkeit auf, dass sich ihre Symptome durch eine Gesprächstherapie verbesserten, als diejenigen mit den anderen Subtypen.

Die Studie wurde im Fachjournal "Nature Medicine" veröffentlicht.

Tozzi, L., Zhang, X., Pines, A. et al. (2024). Personalized brain circuit scores identify clinically distinct biotypes in depression and anxiety. Nat Med. https://doi.org/10.1038/s41591-024-03057-9