Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische, aktuell nicht heilbare entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der die Myelinscheiden der Nervenzellen angegriffen und zerstört werden. Diese Entmarkung führt dazu, dass die Funktion der Nervenzellen eingeschränkt und die Informationsübertragung gestört wird. Grob lässt sich die häufigste Verlaufsform der MS in zwei Phasen unterteilen. "Die Frühphase ist bereits gut erforscht und es steht eine Vielzahl an Medikamenten zur Verfügung, bei der Spätphase ist das leider noch nicht der Fall", so Tanja Haindl.
In einem Labormodell, das vor einigen Jahren an der Med Uni Graz von Michaela Tanja Haindl und Muammer Üçal unter der Forschungsteamleitung von Sonja Hochmeister entwickelt wurde und die zellulären Merkmale der MS-Spätphase gut nachstellt, wurden nun die Auswirkungen von Vitamin D auf den Fortschritt der Krankheit analysiert. Konkret wurde das Ausmaß der Schädigung der Gehirnrinde im Zuge der Krankheit beobachtet.
Es konnte bei Ratten, die zusätzlich zur normalen Nahrung mit Vitamin D gefüttert wurden, nachgewiesen werden, dass signifikant mehr zelluläre Strukturen in diesem Teil des Gehirns erhalten blieben. Das betraf nicht nur einen besseren Erhalt an Myelin und Nervenzellen, sondern auch eine Reduktion apoptotischer Zellen und Mikrogliaaktivierung. Zudem hatten mit Vitamin D behandelte Tiere signifikant weniger Neurofilament-Leichtketten (sNfL) im Blut. Auch hat das Vitamin eine Wirkung als Antioxidans entfaltet: Die behandelten Ratten hatten nicht nur signifikant mehr protektive Polyphenole im Blut, sie hatten auch allgemein eine höhere totale antioxidative Kapazität (total antioxidative capacity, TAC).
Weiters wurde festgestellt, dass es einen signifikanten Unterschied von männlichen und weiblichen Tieren gibt: Weibliche mit Vitamin D behandelte Ratten zeigten generell eine bessere TAC und mehr protektive Polyphenole im Blut. Auch histologisch wiesen weibliche Ratten einen besseren Erhalt der zellulären Strukturen auf als männliche Ratten. Grundsätzlich profitierten jedoch beide Geschlechter von der Vitamin-D-Gabe, interessanterweise allerdings männliche Ratten tendenziell mehr, vermutlich durch geschlechtsspezifische Unterschiede in der oxidativen Kapazität und den Verteidigungssystemen. Eine unkritisch zu hohe Dosierung von Vitamin D kann dennoch nicht empfohlen werden, da dies sogar einen nachteiligen Effekt auf die Erhaltung der Gehirnzellen der Großhirnrinde zeigte.
Die Studie wurde im Journal "Nutrients" veröffentlicht.
Vitamin D-An Effective Antioxidant in an Animal Model of Progressive Multiple Sclerosis