Hausärzt:in 04/2024

Neue Erkenntnisse wie sich Angst im Gehirn entfaltet

Die stressbedingten Mechanismen, die dazu führen, dass unser Gehirn Angstgefühle auslöst, obwohl keine Bedrohung vorliegt, waren bisher weitgehend ein Rätsel. Jetzt haben Neurobiolog:innen der University of California San Diego entdeckt, wie Stress im Gehirn in Angst umschlägt, zum Beispiel bei PTBS - und eine Methode, um dies zu verhindern.

In ihrem Bericht beschreiben der ehemalige stellvertretende Projektwissenschaftler der UC San Diego Hui-quan Li (jetzt leitender Wissenschaftler bei Neurocrine Biosciences), gemeinsam mit Nick Spitzer, Professor an der Fakultät für Biowissenschaften und ihre Kolleg:innen die Forschung, die zur Entdeckung der Neurotransmitter geführt hat, die für die generalisierte Angst, die durch Stress ausgelöst wird, verantwortlich sind.

Sie untersuchten die Gehirne von Mäusen in einem Bereich, der als dorsale Raphe (im Hirnstamm) bekannt ist und fanden heraus, dass akuter Stress eine Umschaltung der chemischen Signale in den Neuronen auslöst, die von erregenden "Glutamat"- zu hemmenden "GABA"-Neurotransmittern wechselt, was zu generalisierten Angstreaktionen führt. Aufbauend auf dieser neuen Erkenntnis einer stressbedingten Umschaltung von Neurotransmittern untersuchten die Forscher:innen dann die postmortalen menschlichen Gehirne von Personen, die an PTBS gelitten hatten. Auch in ihren Gehirnen wurde ein ähnlicher Wechsel von Glutamat zu GABA Neurotransmittern bestätigt.

Als Nächstes fanden sie einen Weg, um die Entstehung von generalisierter Angst zu verhindern. Vor der Erfahrung von akutem Stress injizierten sie der dorsalen Raphe der Mäuse ein adeno-assoziiertes Virus (AAV), um das für die Synthese von GABA verantwortliche Gen zu unterdrücken. Diese Methode verhinderte, dass die Mäuse eine generalisierte Angst entwickelten. Wurden die Mäuse unmittelbar nach einem Stressereignis mit dem Antidepressivum Fluoxetin (unter dem Markennamen Prozac) behandelt, wurden der Transmitterwechsel und das anschließende Auftreten von generalisierter Angst verhindert.

Die Forscher:innen identifizierten nicht nur den Ort der Neuronen, die ihren Transmitter umschalteten, sondern sie wiesen auch die Verbindungen dieser Neuronen zur zentralen Amygdala und zum lateralen Hypothalamus nach, Hirnregionen, die zuvor mit der Erzeugung anderer Angstreaktionen in Verbindung gebracht wurden. Ihre Forschungsergebnisse liefern neue Erkenntnisse darüber, wie Angstreaktionen verhindert werden könnten.

Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Science veröffentlicht.

Generalized fear after acute stress is caused by change in neuronal cotransmitter identity