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Psychotherapie per Taxi in Schweden

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Eine Taxifahrt lang kann man in Schweden persönlichen Kontakt zu einem Psychotherapeuten haben. (Pixabay.com)

Wer in Stockholm mit persönlichen Problemen kämpft, kann diese am Weg zum nächsten Meeting lösen. Denn neuerdings fahren Therapeuten mit, die die Taxifahrt auf Wunsch zu einer Therapiesitzung machen.

Das Besondere daran: Taxikunden müssen nur für die Fahrt selbst bezahlen. Der Psychotherapeut ist in diesem Paket schon inkludiert. Dieses neue Konzept entspricht einem weltweiten Trend, der Therapie für Hilfesuchende zugänglicher machen möchte. In Australien wird psychotherapeutische Hilfe per Telefon angeboten, und Betroffene werden per SMS an ihre Therapieziele erinnert. In Stockholm hat man dagegen persönlichen Kontakt zu dem Therapeuten - wenn auch nur eine Taxifahrt lang.

Therapie in den Alltag integrieren

Wenn das Tageslicht abnimmt, steigt das Risiko, an Depression oder Burnout zu erkranken. Der Körper bildet bei Sonneneinstrahlung selbst Vitamin D, das die Stimmung heben kann. Ein Vitamin-D-Mangel erhöht das Risiko einer Winterdepression gerade im dunklen Skandinavien. Psychische Probleme sind in Schweden der häufigste Grund, sich krankschreiben zu lassen.

 

Eine 10 minütige Taxifahrt kann keine schwerwiegende psychische Erkrankung heilen. Aber so kann Betroffenen, die sich in einer Krise befinden, durchaus neue Impulse und Denkanstöße gegeben werden, so Mia Fahlén, eine der Taxitherapeuten. Häufig besteht die Alternative zu dem Gespräch im Taxi darin, sich gar keine Hilfe zu suchen, weil es die Zeit nicht zulässt oder Menschen sich fälschlicherweise schämen. Bei einem vollen Tagesablauf kann die psychische Unterstützung im Taxi aufbauend wirken, ohne dass man einen Termin in einer Praxis vereinbaren und wahrnehmen muss. Sorgen um Diskretion muss man sich übrigens nicht machen: Die Taxifahrer haben alle eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben.

Hemmschwelle für Hilfesuchende senken

Das Projekt in Stockholm kann dazu beitragen, Therapie leichter zugänglich zu machen. Das nächste Gespräch mit einem ausgebildeten Gesprächstherapeuten ist nur einen Anruf entfernt. Eine der Psychotherapeuten, die an dem Taxi-Projekt in Stockholm beteiligt ist, spricht die hohen Therapiekosten als Problem von Hilfesuchenden an. Ihr persönliches Stundenhonorar liegt bei 165 Euro, was für schwedische Verhältnisse normal ist. Eine Taxitherapie in Schweden kann also deutlich günstiger kommen als eine reguläre Sitzung. Aber auch in Österreich muss mit einem Therapeutenhonorar von ab zirka 70 Euro pro Stunde gerechnet werden, das von der Krankenkasse häufig nicht gedeckt wird. Für viele Menschen wird die dringend benötigte Hilfe somit unleistbar.

 

Das Taxitherapie-Projekt in Stockholm ist übrigens derzeit auf zwei Wochen begrenzt. Am Ende einer Taxifahrt ist man aber vielleicht nicht nur äußerlich am Ziel angekommen, sondern auch innerlich dem Lebensziel ein Stück näher gerückt.

AUTOR


Magdalena Eitenberger, MA
REDAKTIONELLE BEARBEITUNG


Elisabeth Mondl


ERSTELLUNGSDATUM


29.10.2014