Flugangst (Aviophobie)

Mann mit Flugangst greift sich im Flugzeug auf den Kopf
Flugangst kann die Freude am Urlaub oft erheblich trüben.
© Song_about_summer / Shutterstock.com
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Schwindel, Übelkeit und Herzklopfen sind typische Symptome einer Flugangst. Sie macht jedem Vierten vor und während eines Fluges zu schaffen.

Medizinische Expertise

Joachim Huber

Dr. Joachim Huber

Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie
Nussdorfer Straße 60/1.Stock, 1090 Wien
www.drjoachimhuber.at
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Dabei kann es schon helfen, mehr über das Fliegen zu wissen, um unangenehme Gedanken im Keim zu ersticken. Aber auch Beruhigungsmittel, Atemtechniken, stressfreies Einchecken und spezielle Flugseminare sind wichtige Maßnahmen, um entspannt ans Reiseziel zu kommen. Was man gegen Flugangst tun kann, welche Tipps für entspanntes Fliegen hilfreich sind und wie man sich konkret auf den Flug vorbereitet, erklärt der Flugmediziner Dr. Joachim Huber im Interview.

Dr. Joachim Huber: Bei manchen Menschen genügen oft schon beunruhige Gedanken ans Fliegen und Angst macht sich breit. Verunsicherung und Fragen wie "Wie kann so ein 'metallener Vogel' überhaupt fliegen?" oder "Was hat dieses Geräusch unter meinem Sitz zu bedeuten?" schüren nicht gerade Vertrauen in die Technik. Dazu kommt, dass viele Menschen Angst vor engen Räumen und großen Menschenansammlungen haben, man ist ja während eines Fluges gezwungen, mehrere Stunden mit überwiegend Fremden zu verbringen. Viele verdrängen all diese Gedanken und Fragen, bei manchen verursachen sie regelrecht Panik, begleitet von leichtem Unwohlsein bis hin zu Herzrasen.

Dr. Joachim Huber: Für nahezu jeden Vierten ist die Freiheit über den Wolken alles andere als grenzenlos. Ein interessanter Aspekt ist dabei, dass 6 von 10 Flugangst-Betroffenen Frauen sind.

Dr. Joachim Huber: Die Palette an Symptomen ist breit gefächert. Unwohlsein zählt neben Nervosität, Hilflosigkeit und Angst (besonders vor Kontrollverlust) zu den häufigsten Beschwerden. Es können aber auch körperliche Reaktionen wie

  • Herzklopfen
  • Schwitzen
  • Schwindel
  • Übelkeit
  • Harndrang
  • Hitze/Kälte-Gefühl
  • Ohnmachtsgefühlen

auftreten.

Dr. Joachim Huber: Wer nur selten fliegt, kann seine Flugangst mit Hilfe folgender Methoden lindern:

  • Beruhigungsmittel: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Beruhigungsmittel. Sie sollten aber nur bei starken Beschwerden, nicht in Verbindung mit Alkohol und auf keinen Fall in höheren Dosen eingenommen werden, als vom Arzt verordnet. Seien Sie auch darauf vorbereitet, dass dementsprechende Medikamente zumeist schläfrig machen und setzen Sie auch das Flugpersonal darüber in Kenntnis. Ein interessanter Aspekt ist auch, dass alleine das Wissen, diese Medikamente im Handgepäck zu haben, auftretende Symptome lindern kann. Den Ursachen für die Panik beim Fliegen kommt man damit nicht auf die Spur, dazu braucht es spezielle Schulungen gegen Flugangst.
  • Langsam atmen beruhigt: Lernen Sie mit dem Bauch zu atmen, achten Sie darauf, dass die Atmung ruhig, gleichmäßig und nicht öfters als 15 bis 20 mal pro Minute ist.
  • Stress vermeiden: Wenn Fliegen Stress bedeutet, kann es helfen, rechtzeitig am Flughafen zu sein, in Ruhe einzuchecken und sich mit gezielten Atemübungen zu entspannen.
  • Gezielte Sitzwahl: In der Mitte des Flugzeugs werden eventuell auftretende Turbulenzen am wenigsten wahrgenommen, reservieren Sie daher wenn möglich einen Gangplatz auf Flügelhöhe des Flugzeuges.
  • Flugbegleiter informieren: Das Flugpersonal ist geschult und kann Sie beruhigen, wenn Ihnen Ihre Flugangst zu schaffen macht.
  • Keinen Alkohol trinken: Alkohol mildert die Angst nicht, im Gegenteil er kann Herzklopfen, Zittern oder auch Schweißausbrüche massiv verstärken.

Berufliche Vielflieger sollten sich zusätzlich überlegen, ein "Flugangst-Seminar" zu besuchen und damit Methoden zu entwickeln, die Angst durch bestimmte Verhaltensmaßnahmen zu überwinden. Diese Behandlung braucht Zeit, Betroffene sollten sich mindestens 2 Monate vor dem geplanten Flug von geschulten Flugmedizinern ärztlich beraten lassen.

Dr. Joachim Huber: Hat man sich nun dazu entschlossen, ein "Flugangst-Seminar" zu durchlaufen, so beinhaltet dieses folgende 3 Blöcke:

1. Schritt: Bodentraining

Eingangs werden offene, technische Fragen in Kleingruppen beantwortet, um Ängsten mit praktischem Wissen und Tipps entgegenzutreten. Die Teilnehmer werden über diverse Hintergründe und Vorgänge aufgeklärt und wissen anschließend beispielsweise wie es physikalisch möglich ist, dass Flugzeuge fliegen können, welche Geräusche woher stammen und was vor sich geht, wenn der Flieger plötzlich absackt.

2. Schritt: Besichtigung eines 1:1-Modells

Das zuvor erworbene Wissen wird durch die Besichtigung eines begehbaren Flugzeug-Modells in Originalgröße ergänzt. Die Seminarteilnehmer erhalten dabei unter anderem einen Einblick ins Cockpit, wo man sie über Start- und Landevorgänge aufklärt.

3. Schritt: Echter Flug mit Begleitung

Die abschließende Therapiephase besteht nun darin, sich seinen Ängsten zu stellen und in Begleitung von geschultem Personal einen Test-Flug zu absolvieren. Selbst wenn es wieder zu Panikreaktionen kommt, gibt es professionelle Unterstützung, um entspannt ans Ziel zu kommen.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

3. Dezember 2020

Erstellt am:

18. Juli 2016

Stand der medizinischen Information:

3. Dezember 2020


ICD-Code:
  • F40

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