Burnout

Burnout und Depression bei Arbeit
Ob Pflegekraft, CEO oder Lehrer:in - Burnout kann jeden treffen.
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Müde, abgeschlagen, antriebs- und lustlos, einfach ausgebrannt: Nur 52 Prozent der Österreicher sind gesund.

Medizinische Expertise

Nina Lankes

Mag.a Nina Lankes

Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin, Arbeitspsychologin, Gesundheitsförderung und Prävention
Hirschgasse 43a, 4020 Linz
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Der gefürchtete Zustand des Ausgebranntseins kommt nicht über Nacht, sondern entwickelt sich schleichend in verschiedenen Stadien. Der Körper ermüdet aufgrund komplizierter chemischer Vorgänge schon viel früher als die ersten Stresssymptome sichtbar sind. Der verstärkte Griff zu "Stresspuffern" wie Alkohol oder Zigaretten ist ein Alarmzeichen dafür, dass das Lebenstempo möglicherweise im oberen Drehzahlbereich liegt und ein Zusammenbruch kurz bevorstehen könnte.

Die Österreichische Gesellschaft für Arbeitsqualität und Burnout und das Anton Proksch Institut Wien führten im Auftrag des Sozialministeriums eine Burnout-Studie durch. Die Erhebung 2016/2017 ergab, dass von den 900 befragten Personen, sich nur 52 Prozent gesund fühlen. Die anderen Personen befinden sich in einem Problemstadium, bei dem bereits Anzeichen zu erkennen sind oder sind bereits in einem Übergangsstadium, welches sich bei 8 Prozent sogar schon zu einem Vollbild des Burnouts entwickelt hat.

  • Der Begriff Burnout wird teils etwas unterschiedlich verwendet, steht allgemein aber für das Gefühl des Ausgebranntseins.
  • Nach Definition der WHO beschreibt ein Burnout konkret und ausschließlich psychische Beschwerden, die in Zusammenhang mit der Arbeit entstehen.
  • Leitsymptome sind eine starke emotionale Erschöpfung und eine sinkende Leistungsfähigkeit.
  • Manche Betroffene bekommen ein Burnout mit Adaptionen im Lebensstil in den Griff. Bei schwereren Fällen ist aber eine psychologische Behandlung, z. B. bei einem Psychotherapeuten, anzuraten.
  • Zur Vorbeugung sollte man versuchen, eine gesunde psychische Distanz zur Arbeit aufzubauen und auf eine perfektionistische Haltung im Berufsleben zu verzichten.
Art psychische Erkrankung
Ursache berufliche Überforderung, Unfähigkeit "abzuschalten"
Symptome starke emotionale Erschöpfung, verringerte Leistungsfähigkeit
Diagnose Clinical Stress Assessment
Therapie Adaption des Lebensstils, Psychotherapie
Vorbeugung Einhalten bewusster Erholungsphasen, Entspannungstechniken

Video: Kinder psychisch erkrankter Eltern

Wie sich psychische Erkrankungen auf die Kinder der Betroffenen auswirken, erklärt Mag.a Birgit Blochberger (Erziehungswissenschaften und Sonderheilpädagogik), die aber auch Lösungswege aufzeichnet. (Webinar, 20.12.2021)

Der Begriff "Burnout" wurde erstmals von dem Psychiater und Psychoanalytiker Herbert Freudenberger 1974 beschrieben und zwar als einen Zustand von Menschen, die sich zu Beginn sehr für ihre Aufgabe engagieren, und sich in der Folge oft lustlos, müde, eben "ausgebrannt" fühlen.

Die Wissenschaft kennt mehr als 160 Definitionen, die den Begriff "Burnout" zu erklären versuchen. Während in den 1970er-Jahren in erster Linie Menschen in Sozialberufen, in der Folge auch in Gesundheitsberufen, als Burnout-gefährdet galten, bezieht sich der Begriff später auf die gesamte Arbeits- und Privatwelt. Burnout entsteht durch sich wiederholende Stresssituationen. Der Betroffene ist nicht mehr in der Lage, sich nach einer Stressbelastung zu regenerieren, er gerät in eine "Stressspirale", aus der man ohne professionelle Hilfe auch kaum mehr hinaus findet. Hält diese Dichte an Belastungen an, führt sie letztlich zum Burnout, also zum völligen "Ausgebranntsein".

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nun erstmals Burnout als eigenen Begriff anerkannt und in die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) aufgenommen. Darin ist Burnout künftig als Syndrom aufgrund von „chronischem Stress am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich verarbeitet wird“ definiert.

Zudem weist die WHO darauf hin, dass der Begriff Burnout ausschließlich im beruflichen Zusammenhang und nicht „für Erfahrungen in anderen Lebensbereichen“ verwendet werden sollte. Die neue Klassifikationsliste mit dem Namen ICD-11 soll im Jänner 2022 in Kraft treten.

Wichtige Eckpunkte der Definition des Burnout-Syndroms laut WHO sind:

  • Das Gefühl des Ausgebranntseins

  • Eine innere Distanz zur Arbeitsstelle, oft verbunden mit einer negativen Haltung zum eigenen Job oder Zynismus und

  • Geringere berufliche Leistungskraft (Vgl. WHO)

Als ein Syndrom bezeichnet Burnout also die Anhäufung von Symptomen, die sich individuell sehr unterschiedlich zeigen können. Im Zentrum stehen dabei eine wachsende Erschöpfung und sinkende Leistungsfähigkeit, wobei sich die völlige Erschöpfung über einen längeren Zeitraum entwickelt.

Freudenberger und North haben ein Phasenmodell entwickelt, das 12 Stadien von Burnout beschreibt und somit als erster Anhaltspunkt in der Fremd- sowie in der Eigeneinschätzung dienen kann:

  • Stadium 1: Der Zwang, sich selbst zu beweisen
  • Stadium 2: Verstärkter Einsatz
  • Stadium 3: Subtile Vernachlässigungen eigener Bedürfnisse
  • Stadium 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
  • Stadium 5: Umdeutung von Werten
  • Stadium 6: Verstärkte Verleugnung der auftretenden Probleme
  • Stadium 7: Sozialer Rückzug
  • Stadium 8: Beobachtbare Verhaltensänderung
  • Stadium 9: Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
  • Stadium 10: Innere Leere
  • Stadium 11: Depression
  • Stadium 12: Völlige Burnout-Erschöpfung

Definitionen von Freudenberger et al. verweisen zwar darauf, dass Burnout an sich keine Erkrankung ist; andererseits wird der Zustand "aus der Balance" von schweren Krankheitssymptomen wie Konzentrationsstörungen, Depression, Angstzuständen und mitunter auch Suizidgefahr begleitet.

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Stress ist eine Reaktion, die über das Limbische System und den Hypothalamus im Gehirn gesteuert wird. Nicht jeder Stress macht krank. Positiver Stress (Eustress) sorgt für die nötige Spannkraft und Leistungsfähigkeit. Bei übermäßiger Beanspruchung befindet sich der Körper in Daueralarmbereitschaft und innerlich auf Hochtouren. Dies bezeichnet man als Distress. Messbar ist Stress mit Hilfe des CSA (Clinical Stress Assessment).

Während einer Stresssituation werden in unserem Körper eine Reihe biochemischer Vorgänge aktiviert. In Stresssituationen steigt z. B. der Adrenalinspiegel oder der Cortisolspiegel an. Chronisch erhöhtes Adrenalin wiederum kurbelt den Zuckerstoffwechsel an, dadurch gelangt zu viel Milchsäure ins Blut, es wird sauer. Der Körper versucht, durch verstärkte Atmung die gasförmige Säure – es liegt als Kohlendioxid vor – loszuwerden. Da neben diesem Prozess auch Wasserdampf abgeatmet wird, also weniger Flüssigkeit im Körper bleibt, verdickt sich das Blut.

Ein weiteres Problem ist der hohe Energieumsatz, der durch Stress verursacht wird. Aufgrund dieses hohen Energieumsatzes nimmt das Gewebe zu viel Kalzium auf, es lagert sich in den Knochen ab und führt im ungünstigsten Fall zu Osteoporose. Außerdem wird durch den hohen Energieumsatz wichtiges Magnesium verbraucht. In der Folge gerät der gesamte chemische Haushalt des Körpers aus der Balance, es kommt zu Veränderungen des Mineralstoffgehalts (bedingt durch Kalzium und Magnesium).

Chemisch ist ein Burnout, schon lange bevor es seine äußeren Symptome zeigt, im Körper messbar, z. B. durch einen niedrigen Magnesium- oder Kalziumgehalt und einen erhöhten Milchsäureanteil im Blut. Das System beruhigt sich vielleicht wieder, doch wird der Stress chronisch, bleiben auch Adrenalin-, Noradrenalin- und Cortisolspiegel im Körper erhöht. Der nachfolgende Burnout-Zustand ist vergleichbar mit Depressionen oder der Apathie nach Schockzuständen: Der Körper beschränkt seine Funktionen auf wichtige Organe, wie Leber, Herz, Niere und Hirn, um die wenigen Kraftreserven zu schonen.

Stress und Burnout sind kein unausweichliches Schicksal. Eine Reihe von Spezialisten, wie Arbeitsmediziner und -psychologen, Stressmediziner und Fachärzte für Psychiatrie, sowie Klinische und Gesundheitspsychologen, können dabei helfen, der Stressspirale bzw. einem Burnout zu entkommen. Wichtig ist es vor allem, in bestimmten Bereichen "Ordnung" bzw. "Muster" zu schaffen.

  • Zeitmanagement: Ganz ohne Stress geht es im Alltag kaum. Doch ein effektives Zeitmanagement ist zugleich auch ein gutes Stressmanagement. Wichtig ist es, zu lernen, wie man mit Stress umgeht. Gesundheitspsychologen oder Coaches, die in diesem Bereich spezialisiert sind, helfen weiter.
  • Entspannung: Gefährlich wird eine Überlastung dann, wenn der Körper und der Geist keine Chance mehr haben, sich wieder zu erholen. Günstig ist es daher, Entspannungstechniken zu erlernen.
  • Coaching: Eine Begleitung und Unterstützung bei schwierigen Arbeitssituationen trägt dazu bei, dass man eigene Strategien findet, besondere Fähigkeiten deutlich macht und Probleme aus einer anderen Perspektive sieht.
  • Probleme am Arbeitsplatz oder im Privatleben: Über Probleme zu sprechen, löst sie zwar meist nicht, doch erleichtert so manche Entscheidungsfindung. Für tiefliegende Probleme stehen Klinische Psychologen und Psychotherapeuten mit Rat und Tat zur Seite. Sie helfen mit, neue Perspektiven und Veränderungsmöglichkeiten zu finden. Betroffene werden angeleitet, selbst Lösungen zu entwickeln und erfahren so Hilfe zur Selbsthilfe.
  • Medizinische Behandlung: Bei Burnout geht es in erster Linie um eine Lebensstiländerung und eine begleitende medikamentöse Therapie ist nicht in jedem Fall zielführend. Vielmehr kann Burnout zu einer Reihe von Begleiterkrankungen führen. Ein Gespräch mit dem Arzt des Vertrauens ist in jedem Fall eine gute Basis, um wieder gesund und in Balance durchs Leben zu gehen.

Distanz zur Arbeit aufbauen

Moderne Arbeitsbedingungen erzeugen Stressfallen, die man jedoch entschärfen kann: Versuchen Sie, klare Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen. Ständige Erreichbarkeit muss nicht sein! Lesen Sie eine E-Mail nicht sofort wenn sie eintrifft, sondern schließen Sie erst eine Tätigkeit ab. Experten wissen, dass wir viel effektiver arbeiten, wenn Mail-Zeiten eingegrenzt werden. Durch die ständigen Unterbrechungen sind wir sonst häufig unter unserem Konzentrationsoptimum. Zudem gilt es, Aufgaben auch zu delegieren. Man muss nicht immer alles selber machen. Und: Pausen während der Arbeit sind wichtig und keine verschwendete Zeit! Ebenso kann es einerseits als große Erleichterung angesehen werden, wenn Telearbeitsplätze angeboten werden, andererseits besteht speziell hier die Gefahr, dass Grenzen zur Freizeit verschwimmen.

Perfektionismus ablegen

Zwingen Sie sich nicht ständig selbst zu Höchstleistungen! Niemand kann immer perfekt sein und man muss es auch nicht sein. Fehler passieren und sind keine Schande, für die Sie sich selbst fertig machen müssen.

Nein sagen lernen

Ob im Beruf oder in Beziehungen: Es ist wichtig, Nein sagen zu können. Wer keine Grenzen ziehen kann, zahlt möglicherweise einen hohen Preis. Unzufriedenheit und das Gefühl, dass alle anderen mehr über die eigene Energie und Zeit verfügen als man selbst, können in Depressionen oder eben einem Burnout münden. Nein sagen zu können ist also extrem wichtig für unseren Selbstschutz. Achten Sie auf Ihre eigenen Bedürfnisse und nicht nur auf die Ihrer Mitmenschen.

Täglich erholen

In der Freizeit sollten Sie gezielt für Ausgleich zum Stress sorgen. Hören Sie dabei auf Ihr Innerstes, um herauszufinden, was Sie zur Erholung brauchen: Das kann an einem Tag Ruhe, am nächsten jedoch das Treffen von Freunden und am übernächsten Sport sein.

Entspannungstechniken erlernen

Wer nur schwer durchatmen und das Gedankenkarussell kaum anhalten kann, sollte spezielle Techniken erlernen, die bei der Entspannung helfen. Das können z. B. autogenes Training, progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder asiatische Techniken wie Yoga, Meditation, Tai-Chi oder Qigong sein. Die Österreichischen Volkshochschulen und andere Organisationen der Erwachsenenbildung bieten spezielle Kurse an, sowie Stressbewältigungsseminare, in denen ebenfalls solche Techniken vermittelt werden.

Dem Stress davonlaufen

Ausdauersport gilt als eines der besten Mittel, um Stress abzubauen. Erwiesenermaßen normalisiert sich durch Ausdauersport einerseits das Stresshormonsystem, andererseits wirkt die Bewegung auch gegen Symptome, die durch Stress entstehen. Die Dosis ist dabei entscheidend, damit Sport nicht selbst Stress erzeugt: Experten empfehlen eine halbe Stunde Ausdauersport mindestens 3 Mal pro Woche. Sie sollen und müssen also nicht zum Höchstleistungssportler werden, um sich gegen Burnout zu wappnen.

Jeden Tag eine Freude

Planen Sie jeden Tag etwas ein, das Ihnen Freude bereitet. Das kann die Ausübung eines Hobbys sein, Unternehmungen mit Freunden, ein nettes Telefonat, das Hören Ihrer Lieblingsmusik oder die Zubereitung von leckerem Essen.

Selbstwert steigern

Schreiben Sie jeden Abend in ein kleines Buch, was Sie an dem zu Ende gehenden Tag alles gut gemacht haben. Freuen Sie sich darüber und klopfen Sie sich selbst auf die Schulter. Das steigert Ihren Selbstwert.

Mehr lesen » Burnout vorbeugen: 5 schnelle Übungen

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Bin ich gefährdet, ein Burnout zu bekommen?

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Ein Burnout ist vergleichbar mit dem Gefühl des Ausgebranntseins und entwickelt sich über einen längeren Zeitraum.

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Fühlen Sie sich aktuell gestresst?

Haben Sie regelmäßig Erschöpfungssymptome bzw. starke Müdigkeitserscheinungen?

Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Arbeit Sie in letzter Zeit häufiger belastet als sonst?

Gibt es momentan bestimmte Situationen in Ihrem Privatleben, die Sie belasten (z. B. Beziehungsprobleme, Krisen in der Familie, Erkrankungen, Schulden)?

In welchem Zeitraum haben Sie Symptome wie innere Leere, Lustlosigkeit, Energielosigkeit, Antriebslosigkeit, Erschöpfung etc. beobachten können?

Wie wichtig sind Ihnen Erfolg und Anerkennung in der Arbeit?

Wie stark sind Ihre Leistungsansprüche im Beruf?

Machen Sie sich oft Druck, alles richtig machen zu müssen?

Wie gehen Sie mit Kritik um?

Wie gehen Sie im Job mit Herausforderungen um?

Wie würden Sie selbst ihr Geschlecht definieren?

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Autor:innen:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

15. Juni 2023

Erstellt am:

29. Dezember 2016

Stand der medizinischen Information:

21. September 2021


ICD-Code:
  • Z73

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