Mundhygiene bei Babys: 7 Pflegetipps

Kleinkind putzt sich die Zähne
Kinder ahmen Erwachsene gerne nach – umso wichtiger ist es für Eltern, mit gutem Beispiel voranzugehen.
© Anke Thomass / Fotolia.com
Direkt zum Inhaltsverzeichnis

Mundhygiene beginnt am besten schon vor den ersten Zähnen. Wir haben die besten Tipps für die Mund- und Zahnpflege von Kleinkindern.

Medizinische Expertise

Katrin Bekes

Univ. Prof.in Dr.in Katrin Bekes, MME

Fachärztin für Kinderzahnheilkunde, Klinik für Kinderzahnheilkunde, Universitätszahnklinik Wien
Sensengasse 2a, 1090 Wien
www.unizahnklinik-wien.at
Medizinische Fachbeiträge auf MeinMed.at werden von 🇦🇹 österreichischen Ärzt:innen und medizinischen Expert:innen geprüft.

Inhaltsverzeichnis

Zwischen dem 6. und dem 8. Lebensmonat ist es meist so weit: Die ersten Milchzähne brechen in die Mundhöhle durch. Die Zahnhartsubstanzen der Milchzähne sind im Vergleich zum Schmelz und Dentin der bleibenden Zähne dünner und weniger stark mineralisiert. Dies begünstigt ein schnelles Voranschreiten von Karies. Umso wichtiger sind eine sorgfältige Zahnpflege und gezielte Prophylaxe. Doch bereits vor Durchbruch des ersten Zahnes sollte mit den richtigen Mundhygienemaßnahmen begonnen werden. Die Mundgesundheit von Kindern ist wesentlicher Bestandteil einer gesunden körperlichen Entwicklung. Das Milchgebiss besteht aus 20 Zähnen und ist in der Regel nach 2 bis 3 Jahren vollständig durchgebrochen.

Die Mundflora von Säuglingen ist sehr sensibel. Karies ist eine bakterielle Infektionserkrankung. Kariesbegünstigende oder -auslösende Bakterien sind bei der Geburt nicht in der Mundhöhle vorhanden, sondern werden meist in den ersten Lebensjahren von Eltern oder Geschwistern auf das Kind übertragen (z. B. durch Abschlecken des Essbestecks oder des Schnullers). Folglich sollte der Schnuller des Kindes selbst nicht in den Mund genommen und eigenes Essbesteck verwendet werden.

Um das Kind bereits früh an die Mundhygiene zu gewöhnen und auf das spätere Zähneputzen vorzubereiten, wird das Reinigen von Lippen und Mundinnerem mit einem um die Fingerkuppe gewickelten sauberen Baumwoll- oder Mikrofasertuch bereits vor Durchbruch des ersten Zahnes empfohlen. Ein Zähneputzen ab dem ersten Zahn fällt in weiterer Folge leichter.

Mehr lesen » Hilfe beim Zahnen

Mit dem Durchbruch des ersten Zahnes beginnt die Zeit des regelmäßigen Zähneputzens. Die Milchzähne haben zwar nur eine zeitlich begrenzte Standdauer in der Mundhöhle, trotzdem erfüllen sie bedeutende Funktionen. Milchzähne sind nicht nur für das Kauen wichtig, sondern dienen auch als Platzhalter für die später nachkommenden bleibenden Zähne. Hinzu kommt eine wesentliche Rolle bei der Sprachentwicklung und Lautbildung. Bei Karies im Milchgebiss steigt das Risiko für Kariesbefall im bleibenden Gebiss. Aus diesen Gründen ist eine systematische Pflege der Milchzähne im ersten Lebensjahr mit Baby- oder Kinderzahnbürsten und fluoridhaltiger Kinderzahnpasta von großer Wichtigkeit.

Der Fluoridgehalt einer Zahnpasta wird auf der Tube in ppm – parts per million – angegeben. Bis zum 2. Lebensjahr soll zweimal täglich entweder mit einer erbsengroßen Menge einer Zahnpasta mit 500 ppm oder mit einer reiskorngroßen Menge einer Zahnpasta mit 1.000 ppm geputzt werden. Mit der Ausbildung flächiger Approximalkontakte (Berührungspunkte der Zähne) im Zahnzwischenraum wird die Anwendung von Zahnseide empfohlen. Durch Begleitung des morgendlichen und abendlichen Zähneputzens mit motivierenden Putzliedern, kleinen Handpuppen oder Ähnlichem kann das Zähneputzen zu einem positiven Ritual für die Kinder etabliert werden. Solange die feinmotorischen Fähigkeiten noch nicht ausgereift sind – dies ist in der Regel im Schulalter der Fall – sollten Eltern nachputzen. Nach dem abendlichen Zähneputzen sollte nichts mehr gegessen und nur noch Wasser getrunken werden.

Kinder lernen durch Beobachten des Verhaltens ihrer Eltern und ahmen Erwachsene gerne nach. Putzen Eltern ihre Zähne regelmäßig und achten auf eine gesunde Ernährung, so gehen sie mit gutem Beispiel voran und haben auf ihre Kinder eine Vorbildwirkung. Gehen Erwachsene regelmäßig und vielleicht sogar gerne zum Zahnarzt, werden Zahnarztbesuche auch für die Kleinen zur normalen Routine. Eltern sollten es möglichst vermeiden, ihre Ängste und eigene negative Erfahrungen mit Zahnärzten auf ihr Kind zu übertragen. Je weniger ein Zahnarztbesuch im Vorfeld aufgeregt zuhause thematisiert wird, desto besser.

Mit dem Durchbruch des ersten Milchzahnes sollte der Kinderzahnarzt erstmals aufgesucht werden. Dabei liegt der primäre Fokus auf einem ersten Kennenlernen. In einem Aufklärungsgespräch werden Eltern bezüglich Kariesentstehung, der altersabhängig richtigen Mundpflege und Putztechnik, Fluoridierungsmaßnahmen und zahngesunder Ernährung informiert und beraten. Von nun an sollten Eltern mit ihren Kindern zweimal jährlich zu zahnärztlichen Kontrolluntersuchungen gehen. Sie zählen zu den Grundpfeilern der Prävention und beugen Karies sowie anderen Zahnschäden vor. Fachzahnärzte untersuchen die Zähne nicht nur auf Karies, sondern überwachen auch die altersgerechte Gebiss- und Kieferentwicklung. Bei Bedarf und entsprechender Indikation können zusätzliche Schutzmaßnahmen im Rahmen einer gezielten Kariesprophylaxe, die individuell auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt wird, rechtzeitig ergriffen werden.

Mehr lesen » Wenn das Kind zum Zahnarzt muss

Die Zahngesundheit wird nicht nur maßgeblich durch die tägliche Zahnpflege, sondern auch durch gesundheitsbewusstes Ernährungsverhalten entscheidend beeinflusst. Eine ausgewogene Ernährung und die Erfahrung verschiedenster Geschmackrichtungen im frühen Kindesalter legen einen wichtigen Grundstein für die spätere Gesundheit. Ein maßvoller Umgang mit zuckerhaltigen Speisen und Getränken ist besonders wichtig – ständiges Naschen zwischendurch sollte vermieden werden. Kariesfördernde Bakterien bilden aus Zucker Säuren, die den Zahnschmelz angreifen und zu Karies führen können. Zuckerfreie Intervalle sind wichtig, damit der Speichel seine natürliche Schutzfunktion entfalten kann und die Zähne Zeit zur Remineralisierung haben.

Mehr lesen » Den Zähnen Saures geben

Werden Kindern von klein auf wenig Süßigkeiten angeboten, verlangen sie später auch weniger danach. Die Lust auf Süßes ist anerzogen und Kinder werden durch das Angebot von Süßigkeiten auf deren Konsum konditioniert. Anstelle von herkömmlichen Süßigkeiten können zahnfreundliche zuckerfreie Alternativen angeboten werden. Natürlich vorkommender Zucker, beispielsweise in Form von Honig oder Trockenobst, ist keine gesunde Süßungsalternative. Bei Getränken sind süße Fruchtsäfte (auch verdünnt), Softdrinks oder Granulattees dringend zu vermeiden. Stattdessen greift man am besten zu Wasser oder ungesüßten Tees.

Stillen bringt aus allgemeinmedizinscher und zahnärztlicher Sicht viele gesundheitliche Vorteile für das Kind mit sich. Gefährlich wird es beim nächtlichen Stillen ad libitum – dem Stillen nach Bedarf –, vor allem wenn die Milchzähne bereits durchgebrochen sind. Das mehrmalige nächtliche Stillen dient meist als Einschlafhilfe. Durch hochfrequentes Stillverhalten nachts und Stillen über das 18. Lebensmonat hinaus steigt jedoch das Kariesrisiko. In solchen Fällen sollten die nächtlichen Stillepisoden reduziert, alternative Einschlafrituale eingeführt, bei Durst Wasser gegeben und durch körperliche Nähe das Einschlafen erleichtert werden.

Eine ähnliche Problematik findet sich bei dem andauernden oder nächtlichen Nuckeln an einer Trinkflasche, vor allem wenn diese mit süßen Säften oder Milch befüllt ist. Nicht selten führt ein solches Verhalten zu frühkindlicher Karies. Aus diesem Grund sollten Kinder möglichst frühzeitig an das Trinken aus einem Glas gewöhnt werden. Damit kann bereits ab dem 6. Lebensmonat unter Anleitung einer Bezugsperson begonnen werden. Mit etwa 18 Monaten können die meisten Kinder sehr gut aus einem Becher trinken. Die Schnullerentwöhnung sollte mit dem 2. Lebensjahr beginnen.

Fluoride steigern die Säureresistenz der Zähne. Einerseits verkürzen sie die Phasen der Demineralisation und hemmen den Plaquestoffwechsel, andererseits fördern sie die Remineralisation der Zahnhartsubstanzen. Die Fluoridierungsmaßnahmen sollten nach Erheben einer Fluoridanamnese und Abklärung bestehender Fluoridquellen (Zahnpasta, fluoridhaltige Vitamin-D-Prophylaxe, Speisesalz) individuell abgestimmt werden. Die lokale Fluoridapplikation durch Zahnpasta ist einer systemischen Fluoridzufuhr durch Einnahme von Fluoridtabletten vorzuziehen. Ab dem zweiten Lebensjahr sollte zweimal täglich mit einer Zahnpasta mit 1.000 ppm Fluoridgehalt geputzt werden.

Mit dem Durchbruch der ersten bleibenden Zähne (um das 6. Lebensjahr) kann man auf eine Junior- oder Erwachsenenzahnpasta mit 1.500 ppm umsteigen. Begleitend zur Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasta wird die systemische Fluoridzufuhr durch Verwendung fluoridierten Speisesalzes empfohlen. Werden diese Fluoridierungsmaßnahmen nicht angenommen, kann alternativ eine Supplementierung durch Fluoridtabletten erfolgen.


Autor:innen:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

20. Oktober 2020

Erstellt am:

24. Februar 2020

Stand der medizinischen Information:

20. Oktober 2020

Mehr zum Thema

Derzeit aktuell

Neueste Beiträge