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Künstler-Papa: Fotos direkt nach dem Kaiserschnitt

Baby direkt nach Kaiserschnitt-Geburt
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Christian Berthelots unmittelbar nach der Geburt aufgenommene Fotos entfalten einen eigenen Zauber. (Christian Berthelot)

Der französische Künstler Christian Berthelot fotografiert Tänzer und Schauspieler. Nach der Geburt seines Sohnes, der mit einem Not-Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden musste, entschied sich Berthelot, Kaiserschnitt-Geburten fotografisch zu begleiten.

Die Erinnerungen an die Geburt seines Sohnes lässt den Fotographen nicht mehr los. Immer wieder muss er an die kurze Minute denken, als der Bauch der Mutter aufgeschnitten und das Baby daraus hervorgehoben wurde. "Als ich ihn das erste Mal sah, war er blut- und schleimverschmiert. Er war wie ein Krieger, der gerade seine erste Schlacht gewonnen hat, wie ein Engel aus der Dunkelheit. Was für eine Freude, ihn schreien zu hören." Berthelot möchte die wenigen Minuten nach der Geburt zeigen, wie sie sind, ohne Klischees und Verklärung.

"Zeigen, wie wir wirklich sind"

Unter jedem Foto stehen der Name des Babys, sein Geburtstag und die genau Geburtszeit, sowie das Gewicht. Berthelot ist fasziniert davon, dass ständig, überall auf der Welt, Babys geboren werden. Trotzdem sind die Informationen unter den Fotos individuell: Sie gehören nur diesem einen Baby, und entscheiden mit über seine Zukunft. Trotz der Vielzahl an Geburten ist doch jede einzelne davon individuell und betrifft und berührt Eltern und Kind auf ganz besondere Weise.

 

Das möchte der Fotograf in seinen Bildern transportieren. "Ob Kaiserschnitt oder natürliche Geburt, jeder von uns wird nackt, in Tränen, Blut und anderen Körperflüssigkeiten geboren", so Berthelot. "Ich möchte einfach zeigen, wie wir sind, wenn wir geboren werden. (…) Ich hatte die große Ehre, Zeuge dessen werden zu dürfen."

Keine Rosen-Geburt

Kritiker des Künstlers finden, er zeige die Geburt zu ungeschönt. Manche warfen ihm sogar vor, die Bilder seien gestellt. Berthelot belichtet seine Bilder stark, verändert sie aber nicht: "Diese Vorwürfe sind absurd, Kinder kommen nicht in Kohl oder Rosen zur Welt.“ Viele Baby-Fotos werden vor blumigem Hintergrund gemacht, die Kinder sind von süßen Pastellfarben umhüllt. Trotz aller Elternfreuden hält Berthelot nichts davon, die Realität derart zu beschönigen und zu entfremden.

Mit der Kamera im Kreissaal

Als sein eigener Sohn geboren wurde, hatte Berthelot keine Kamera dabei. Er war ein "ganz normaler Vater", wie er sagt, der gemeinsam mit seiner Frau die Geburt ihres ersten Kindes nicht erwarten konnte. Natürlich war er besorgt, ob alles gut gehen würde. Statt der geplanten "regulären" Geburt kam es ganz anders: Nur ein Not-Kaiserschnitt konnte Baby und Mutter retten. Sie hatten Glück, alles ging gut.

 

Eine Woche später wurde Berthelot von einem Arzt angesprochen, der mit im Kreissaal gewesen war. Er schlug ihm vor, eine Foto-Serie von Kaiserschnitt-Babys zu machen. Der Fotograf war einverstanden, die Vorbereitung begann. Die werdenden Mütter wurden in das Projekt eingeweiht, die Chirurgen über die Anwesenheit des Künstlers aufgeklärt, Berthelot selbst wurde psychologisch betreut. Dann war es so weit.

40 Geburten belgeitet

Nur die erste Minute nach der Geburt hält Berthelot fest. Doch das Projekt selbst lässt ihn nicht mehr los. Wollte er ursprünglich nur einige wenige Geburten begleiten, umfasst seine Serie nun über 40 Bilder. Allen Babys geht es gut - das ist die positive, lebensbejahende  Botschaft, die trotz der teils erschreckenden Fotos transportiert wird. Die Bilder werden demnächst unter dem Namen "César" (zu Deutsch: Cäser) im Pariser Kulturzentrum Centquarte gezeigt.

AUTOR


Magdalena Eitenberger, MA
REDAKTIONELLE BEARBEITUNG


Elisabeth Mondl


ERSTELLUNGSDATUM


23.01.2015