Bereits zum dritten Mal nach 2012 und 2015 gibt der Gynmed-Report Auskunft über die Verhütungsvorlieben der Österreicher. 881 Frauen und 901 Männer im Alter von 16 bis 49 Jahren wurden für ein repräsentatives Ergebnis befragt. Die erste Nachricht ist dabei eine gute: 83 % der Frauen und sogar 89 % der Männer gaben an, mit ihrer Sexualität prinzipiell zufrieden zu sein. Menschen zwischen 20 und 30 sowie jene in einer stabilen Beziehung erzielten hierbei besonders gute Werte.
Abgesehen davon gibt es aber gleich mehrere Ergebnisse, die als eher bedenklich einzustufen sind. Besonders erschreckend ist das weit verbreitete Unwissen. Dass Frauen – bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr – ohne Verhütung im Schnitt etwa 12 bis 15 Mal schwanger werden würden, wussten gerade einmal 13 %. 40 % vermuteten eine Zahl zwischen 4 und 7, 23 % glaubten gar, es wären im Schnitt nur 0 bis 3 Schwangerschaften.
Diese Fehleinschätzung stufen Experten als einen der Hauptgründe ein, warum Österreich in Sachen Verhütung einige Schwierigkeiten zu haben scheint. So liegen wir in der Statistik der Schwangerschaftsabbrüche leider im internationalen Spitzenfeld. DDr. Christian Fiala, Initiator des Reports, bringt es auf den Punkt: "Schlechte Verhütung führt nicht zu mehr Geburten, sondern nur zu mehr Schwangerschaftsabbrüchen".
Besser zugängliche Informationen zu dem Thema stehen dementsprechend ganz oben auf der Liste an Forderungen, die viele Gynäkologen an die Regierung stellen. Mindestens genauso wichtig ist aber das Verkleinern der finanziellen Hürde. Gerade die sehr wirksamen Methoden, wie beispielsweise die Kupferspirale, sind mit vergleichsweise hohen, sofort zu bezahlenden Kosten verbunden.
Hier lässt sich zudem eine auseinanderklaffende Schere in der Gesellschaft beobachten. Nur 40 % der Menschen mit Migrationshintergrund wenden wirksame Methoden an. Zum Vergleich sind es deutlich mehr, nämlich 58 % unter jenen, die in Österreich geboren wurden. Bei Migranten der 1. Generation wurden hohe Kosten sogar am häufigsten als Grund für eine ausbleibende Verhütung angegeben.
Gerade bei Langzeitmethoden könnte eine Kostenübernahme seitens des Staates wohl viele zum Umdenken bewegen. 56 % aller Befragten würden in diesem Fall auf ein Implantat, eine Kupferspirale oder Ähnliches umsteigen. Eher kontrovers wird hingegen der freie Zugang der Abtreibungspille diskutiert. 28 % sind dafür, 46 % aber sprechen sich klar dagegen aus und 26 % sind diesbezüglich unentschlossen.
An Österreichs Verhütungsinkompetenz sind allerdings nicht ausschließlich finanzielle sowie bildungsspezifische Gründe schuld. Gerade in den letzten Jahren beobachten Experten ein soziales Phänomen, das gerne als Hormonskepsis bezeichnet wird. Die Pille und andere hormonelle Verhütungsmethoden stehen bei vielen nicht mehr allzu hoch im Kurs. 60 % der Frauen gaben an, ihnen sei eine hormonfreie Verhütung wichtig. 37 % verzichten aus Angst vor Nebenwirkungen auf hormonelle Methoden.
Unterm Strich wertet Fiala das Ergebnis als klare Aufforderung an die Politik. Die Kostenübernahme ärztlicher Beratungen, wirksame Verhütungsmittel auf Krankenschein und regelmäßige Aufklärungskampagnen – insbesondere auch solche für Migranten – seien angebracht: "Diese überfälligen Maßnahmen sind im übrigen West-Europa seit Jahrzehnten selbstverständlich".