Thrombolyse

Patientin wird von Sanitätern behandelt.
Bei einem Notfall wird eine Thrombolyse auch oft schon im Rettungswagen vorbereitet.
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Die Thrombolyse, auch Lyse-Therapie oder kurz Lyse genannt, gehört zu den lebensrettenden Therapien. Sie kommt überall dort zum Einsatz, wo ein Blutgerinnsel (Thrombus) ein Gefäß verstopft.

Medizinische Expertise

Philipp Werner

Prim. Dr. Philipp Werner

Facharzt für Neurologie
Carinagasse 47, 6800 Feldkirch
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Also z. B. bei einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall oder bei einer Lungenembolie. Ziel der Thrombolyse ist, durch die Gabe bestimmter Substanzen das Blutgerinnsel aufzulösen oder körpereigene Enzyme zu aktivieren, die dies tun. Gelingt dies, wird die Blutbahn wieder frei und der ins Stocken geratene Blutfluss normalisiert sich. Die Gefahr, dass es zur Unterversorgung von Körpergeweben kommt, ist fürs Erste gebannt.

  • Bei einem akutem Herzinfarkt
  • Bei einem Schlaganfall, wenn der akute Hirninfarkt auf einen Gefäßverschluss zurückzuführen ist (ischämischer Schlaganfall)
  • Bei einer Lungenembolie, die einem verstopften Blutgefäß zugrunde liegt
  • In speziellen Fällen auch bei anderen Embolien, die aus Blutgerinnseln entstanden sind, z. B. durch den
  • Verschluss einer Beinarterie

Um ein durch ein Blutgerinnsel verstopftes Gefäß wieder zu öffnen, werden bei der Thrombolyse-Behandlung Medikamente eingesetzt, die die Fähigkeit haben, ein Blutgerinnsel aufzulösen. Diese Medikamente bestehen entweder aus Enzymen, die Blutgerinnsel abbauen, oder aus Substanzen, die das körpereigene Abbauenzym (Plasminogen) aktivieren. Immer gilt: Je früher lysiert wird, desto größer ist die Erfolgschance!

Es gibt zwei Formen der Thrombolyse-Therapie: die systemische Lyse und die lokale Lyse.

Systemische Lyse-Therapie

Erfolgt die Behandlung mit den Thrombus-auflösenden Medikamenten intravenös und die Wirkstoffe erreichen so den ganzen Körper, spricht man von einer systemischen Lyse-Therapie. Dabei wird dem Betroffenen ein Teil der Medikamente in eine Vene injiziert (Bolusinjektion) um schnellstens einen hohen Wirkspiegel zu erreichen. Dann wird eine Infusion verabreicht, über die der Thrombus-auflösende Wirkstoff für rund eine Stunde kontinuierlich an den Organismus abgegeben wird.

Der Vorteil der systemischen Lyse: Sie lässt sich einfach durchführen und kann deshalb vom Notarzt schon auf dem Weg in die Klinik eingeleitet werden. Dies wird der Notarzt z. B. machen, wenn ein verschlossenes Herzkranzgefäß zum akuten Herzinfarkt geführt hat und der Transport in die nächste Klinik mit Herzkatheterzentrum nicht zeitnah (binnen 90-120 Minuten) erfolgen kann. Auch Patienten mit schwerer Lungenembolie werden schon im Rettungswagen per systemischer Lyse behandelt. Nicht so einfach gestaltet sich die Behandlung des akuten Hirnninfarkts. Hier ist die systemsiche Thrombolyse nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, unter anderem erst nach Ausschluss einer Gehirnblutung,

Der Nachteil der systemischen Lyse: Nur wenn nach Auftreten erster Herzinfarkt- oder Schlaganfall-Symptome schnellstens lysiert wird, verspricht die Behandlung Erfolg. Bei einem verschlossenen Gefäß im Gehirn (ischämischer Schlaganfall) ist die Wiedereröffnung des Hirngefäßes per systemischer Thrombolyse-Therapie in der Regel nur innerhalb der ersten 3 Stunden nach Auftreten von Schlaganfallsymptomen erfolgreich. Dieser Behandlungszeitraum gilt auch für den akuten Herzinfarkt.

Lokale Lyse-Therapie

Bei der lokalen Lyse-Therapie wird das Thrombus-auflösende Medikament direkt an die verstopfte Gefäßstelle gebracht. Dies geschieht per Katheter-Eingriff: Eine feine Sonde wird vom Arzt über eine Arterie bis zum Gefäßverschluss vorsichtig vorgeschoben und das Medikament dann direkt dorthin über 30-60 Minuten per Hand injiziert.

Vorteil der lokalen Lyse-Therapie: Sie verspricht noch bis zu 6 Stunden nach Einsetzen von Schlaganfall- oder Herzinfarkt-Symptomen Erfolg.

Nachteil der lokalen Lyse-Therapie: Sie setzt die Anwesenheit in einem Krankenhaus voraus, in dem ein Katheterlabor bereit steht. Denn die Durchführung der lokalen Lyse-Therapie erfordert eine Gefäßdarstellung (Angiographie), um den Behandlungserfolg zu überwachen.

Lyse Medikamente hemmen die körpereigene Blutgerinnung stark, dadurch haben Patienten eine erhöhte Blutungsgefahr.

Nach der Thrombolyse werden Sie für einige Zeit auf der Intensivstation/Stroke Unit überwacht und müssen strenge Bettruhe einhalten. Die Dauer variiert je nach Verlauf der Behandlung. Konnte das Blutgerinnsel durch die Lyse-Medikamente aufgelöst werden und die Gefäßdurchlässigkeit ist wiederhergestellt, kommen je nach Krankheitsbild weitere Maßnahmen in Betracht, damit das auch weiterhin so bleibt. Beim Herzinfarkt sind dies etwa Ballondilatation, Stent oder Bypass.

Um weiteren Gefäßverschlüssen vorzubeugen, lautet die oberste Vorsorgemaßnahme: Schützen Sie Ihre Blutgefäße! Um Arteriosklerose aufzuhalten, schalten Sie Risikofaktoren aus:

  • Bluthochdruck
  • Erhöhte Blutfettwerte (Cholesterin)
  • Nikotinkonsum
  • Fett- und kalorienreiche Ernährung
  • Wenig Bewegung
  • Viel Stress

Der behandelnde Arzt wird die notwendigen Maßnahmen mit Ihnen besprechen. Dazu gehört meist auch die lebenslange Einnahe blutverdünnender Medikamente, um die Gefahr weiterer Gefäßverschlüsse zu senken. Der konsequenten Einnahme der verschriebenen Medikamente sollten Sie unbedingt nachkommen!

Die Thrombolyse wird immer nur von einem Arzt durchgeführt – im Notarztwagen vom Notarzt und in der Klinik. Dafür müssen die Ärzte aber speziell ausgebildet sein. Deshalb werden Patienten, die einen Gefäßverschluss im Gehirn oder den Herzkranzgefäßen (Herzinfarkt) erlitten haben, wenn möglich umgehend in Spezialkliniken gebracht, die über sogenannte "Stroke Units" verfügen.

Schnelles Handeln ist lebenswichtig, da die Lyse-Therapie nur in einem bestimmten Zeitfenster wirkt. Zeigen sich typische Symptome für einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall, eine Lungenembolie oder andere Embolien, rufen Sie sofort die Rettung unter der Notfallnummer 144! Auch wenn Sie unsicher sind, ob hinter Beschwerden wirklich solch dramatische Ereignisse stecken, zögern Sie nicht. Es gilt immer: Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig die Rettung verständigen!

Weil die Lyse-Medikamente die körpereigene Blutgerinnung stark hemmen, entsteht durch beide Formen der Thrombolyse ein erhöhtes Risiko für Blutungen an allen möglichen Stellen des Körpers. Die Lyse-Therapie darf deshalb nicht direkt nach einer Operation oder bei gleichzeitiger Erkrankung an einem blutenden Magengeschwür angewendet werden. Wegen dieser Gefahr wird die Lyse-Therapie auch nur in einem bestimmten Zeitfenster nach einem Gefäßverschluss eingesetzt. Ist durch zu viel verstrichene Zeit bereits Gewebe abgestorben, überwiegt die Gefahr dieser Nebenwirkung den Nutzen der Lyse-Therapie.

Die Lyse-Therapie wird bei einem Schlaganfall deshalb auch nicht notfallmäßig im Krankenwagen eingesetzt: Erst muss in einer Klinik per Computertomographie (CT) des Gehirns abgeklärt werden, was der Grund für den Schlaganfall ist! Denn neben einer Gefäßverengung beziehungsweise einem Gefäßverschluss kann auch eine Hirnblutung einen Schlaganfall auslösen. Im letzteren Fall würde der blutverdünnende Effekt der Lyse-Therapie die Situation des Betroffenen nur dramatisch verschlimmern.

  • K. Werdan et al: Deutsch-Österreichische S3-Leitlinie "Infarktbedingter kardiogener Schock - Diagnose, Monitoring und Therapie", Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V. (Hrsg.). In: Kardiologe 5/2011, S. 166–224, Springer-Verlag, Heidelberg, 2011
  • P. Ringleb, R. Veltkamp, J. Bösel, S. Rohde: Behandlungsstandard (SOP) Thrombolyse, Neurologische Universitätsklinik Heidelberg, 2012
  • Internistische Akut-, Notfall- und Intensivmedizin, J. Ortlepp, R. Walz, Schattauer Verlag, Stuttgart 2012

Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

23. Februar 2015

Stand der medizinischen Information:

23. Februar 2015

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