Hodenentzündung (Orchitis)

Mann hat schmerzende Hoden
Von Hodenentzündungen sind hauptsächlich Buben vor der Pubertät und erwachsene Männer betroffen.
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Eine Orchitis ist eine Entzündung des Hodens. Sie tritt auch häufig als Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung, wie etwa einer Nebenhodenentzündung auf. Die häufigsten Auslöser sind Mumps-Viren.

Medizinische Expertise

Ursula Stoces

OA Dr.in Ursula Stoces

Fachärztin für Urologie und Andrologie
Valeriestraße, 2500 Baden
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Das Hauptsymptom einer Hodenentzündung ist die schmerzhafte Hodenschwellung, häufig kommt es auch zu Fieber. Wird eine akute Hodenentzündung u.a. mit antientzündlichen Medikamenten behandelt, heilt sie je nach Ursache innerhalb weniger Wochen aus. In schweren Fällen kann es durch Schädigung des Hodengewebes zur Unfruchtbarkeit (Infertilität) kommen. Vorbeugenden Schutz bieten eine Impfung gegen Mumps und die Benützung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr.

Im Kleinkindalter tritt die Erkrankung selten auf. Hauptsächlich sind Buben vor der Pubertät und erwachsene Männer betroffen. 20 bis 30 % aller nach der Pubertät auftretenden Mumpserkrankungen sind mit einer Hodenentzündung als Begleitkomplikation verbunden.

In den Hoden des Mannes werden Sexualhormone und Spermien gebildet. Die walnussgroßen Drüsen im Hodensack sind über Blutgefäße, Lymphbahnen, Harnwege bzw. Samenleiter mit dem Körperinneren verbunden.

Dringen Viren oder Bakterien in das Hodengewebe ein, kann es zu einer Entzündung kommen. Am häufigsten wird sie durch Krankheitskeime verursacht, die den Hoden auf dem Blutweg erreichen (z.B. bei Mumps). Weitere virale Erkrankungen, die einer Hodenentzündung vorausgehen sind Grippe, Windpocken, Pfeiffersches Drüsenfieber und HIV. Seltener tritt die Erkrankung als eine Folge einer Entzündung des Nebenhodens, der Prostata, der Samenblasen oder der Harnwege (Harnwegsinfektion) auf. Die Bakterien gelangen über die Harnröhre zum Hoden oder haben sich bei bakteriell entzündetem Nebenhoden auf den Hoden ausgebreitet. Dies tritt vor allem bei sexuell aktiven Männern auf, das Erregerspektrum gleicht dem der Harnwegsinfektion.

Die Hodenentzündung kann zudem (selten) mit verschiedenen bakteriellen Allgemeinerkrankungen wie Typhus, Tuberkulose, Syphilis und Gonorrhoe auftreten.

Über den Blutweg können Streptokokken z.B. bei Scharlach, Pneumokokken oder Salmonellen zu einer Hodenentzündung führen.

Auch Verletzungen durch starke Gewalteinwirkung können eine Orchitis verursachen.

Das häufigste Symptom einer Hodenentzündung ist die schmerzhafte Hodenschwellung. Rötung, Druckempfindlichkeit. Zu Beginn der schleichend verlaufenden Erkrankung ist meist nur ein Hoden betroffen, in 10 bis 30 % verläuft die Erkrankung beidseitig, jedoch zeitversetzt. Je nach Krankheitsauslöser können unterschiedliche zusätzliche Beschwerden auftreten:

  • Hohes Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit
  • Brennende Schmerzen beim Wasserlassen,
  • Harndrang, Leisten- und Unterbauchschmerz
  • Blut im Urin und Ejakulat
  • Übelkeit, Kopfschmerz
  • Erbrechen

Weil eine akute Hodenentzündung meist eine Begleiterkrankung ist, machen sich diese Symptome erst einige Tage nach Beginn der Grundinfektion bemerkbar, z.B. bei Mumps 4 bis 7 Tage nach der Ohrspeicheldrüsenentzündung (Parotitis). Bei längerem Bestehen der Erkrankung kann das Hodengewebe geschädigt werden. Neben der direkten Schädigung durch die Krankheitskeime kann dies in schwerwiegenden Fällen zur Rückbildung des Hodens führen, bei beidseitigem Auftreten auch zur Zeugungsunfähigkeit (Infertilität).

Neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung kann der Urologe die Diagnose mittels

  • Ultraschall
  • Farbdopplerultraschall zum Ausschluss einer Hodentorsion (= Hodenverdrehung)
  • einer Urinkultur- und Blutanalyse sowie eventuell mit Hilfe
  • einer ELISA Mumps-Antikörperbestimmung

sichern. Zusätzlich sollte geklärt werden, ob der Abfluss des Urins im Bereich der Blase und Harnwege reibungslos funktioniert. Erst wenn zweifelsfrei festgestellt ist, dass es sich um eine virale oder bakterielle Hodenentzündung handelt, kann mit der Therapie begonnen werden.

Die Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache. Bei der durch Mumps-Viren verursachten Hodenentzündung gibt es bisher keine Standardtherapie. Als allgemeine Maßnahmen sollte strenge Bettruhe, eine Kühlung und Hochlagerung des Hodens erfolgen. Ein Suspensorium (eine Haltevorrichtung für den Hodensack) ist dabei hilfreich. Weiters werden Schmerzmedikamente eingesetzt. Zusätzlich können antientzündliche Medikamente Linderung bringen. Tritt die Hodenentzündung im Zuge einer Mumpserkrankung nach der Pubertät auf, so gibt es Empfehlungen, mit Alpha-Interferon zu therapieren. Mumps-Hyperimmunglobulin und auch Kortison werden eher selten eingesetzt.

Bei einer bakteriellen Infektion wird nach Anlegen einer Harnkultur mit Antibiotika behandelt.

Akute Hodenentzündungen heilen je nach Ursache binnen weniger Wochen aus. Sie können aber auch chronisch werden oder wiederholt auftreten. Ist das der Fall, können Komplikationen auftreten. So etwa eine Schrumpfung des Hodengewebes (Atrophie) und Eiteransammlungen im Gewebe (Abszesse).

Ist die Hodenschwellung sehr stark ausgeprägt oder bilden sich eitrige Abszesse im Hodengewebe, kann eine Operation nötig werden. Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose, Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereiches) oder in örtlicher Betäubung.

Mit Hilfe einer Mumps-Impfung ist Mann vor dem häufigsten Krankheitserreger geschützt. Auch die Verwendung von Kondomen bei häufig wechselnden Geschlechtspartnern ist als Vorsorgemaßnahme sehr wichtig. Eine regelmäßige Prostatavorsorge zur Früherkennung von Blasenentleerungsstörungen ist beim Mann ab dem 45. Lebensjahr zu empfehlen.


Autor:in:
Medizinisches Review:
Erstellt am:

28. Mai 2014

Stand der medizinischen Information:

28. Mai 2014


ICD-Code:
  • N45

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