Ernährung bei Schwangerschaftsdiabetes

Schwangere Frau isst einen Salat
Bei Schwangerschaftsdiabetes Weißmehlprodukte und weißen Zucker unbedingt meiden!
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Unter Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes versteht man einen erhöhten Blutzuckerspiegel, der unbehandelt zu Folgeerkrankungen von Mutter und Kind führen kann.

Medizinische Expertise

Alexandra Kautzky-Willer

Univ.-Prof.in Dr.in Alexandra Kautzky-Willer

Leiterin der Gender Medicine Unit, interim. Organisationseinheitsleiterin der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien/des AKH Wien, Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien
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In vielen Fällen ist eine Ernährungsumstellung als Therapiemaßnahme ausreichend. Bei Schwangerschaftsdiabetes sollte punkto Ernährung vor allem auf die Wahl der richtigen Kohlenhydrate geachtet werden. Zu meiden sind Weißmehlprodukte und Zucker in reiner Form. Eine ballaststoffreiche Kost, die reichlich Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte enthält, kann das Krankheitsbild hingegen positiv beeinflussen. In manchem Fällen ist zusätzlich zur Ernährungstherapie eine begleitende Insulingabe erforderlich.

  • Während der Schwangerschaft kommt es zur Ausschüttung vieler Hormone, die die Insulinproduktion hemmen. So kann ein Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) entstehen.
  • Mögliche Symptome sind Harnwegsinfekte, Nierenbeckenentzündungen und vorzeitige Wehen.
  • Nach der Schwangerschaft normalisieren sich die Blutzuckerwerte oft wieder.
  • Schwangere sollten bei Bedarf Übergewicht reduzieren, sich möglichst vielseitig ernähren und viel trinken.
  • Eine fett- und zuckerarme Ernährung ist zu empfehlen.
Art Stoffwechselerkrankung
Beschreibung vorübergehender Diabetes während der Schwangerschaft
Ursache erhöhter Insulinbedarf in der Schwangerschaft
Risikofaktoren Übergewicht, Alter über 30, Bluthochdruck, familiäre Vorbelastung, vorangegangene Fehlgeburten
Diagnose oraler Glukose-Toleranztest
Therapie Ernährungsumstellung, regelmäßige Bewegung, bei Bedarf Insulin-Therapie

Schwangerschaftsdiabetes wird in der Fachsprache auch als Gestationsdiabetes bezeichnet. Man versteht darunter einen erhöhten Blutzuckerspiegel, der erstmalig in der Schwangerschaft diagnostiziert wird. Schwangerschaftsdiabetes ist eine spezielle Form der "Zuckerkrankheit", die oft ohne konkrete Beschwerden auftritt und daher leicht übersehen wird. Häufig liegen die Blutzuckerwerte nach der Schwangerschaft wieder im Normalbereich.

Eine Schwangerschaft geht immer mit körperlichen Veränderungen einher. Es kommt zu einem Anstieg zahlreicher Hormone im Blut, die für die Entwicklung und das Wachstum des Embryos von Bedeutung sind. Der "Haken" dabei: viele Schwangerschaftshormone wirken als Gegenspieler von Insulin. Das Hormon Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und reguliert die Zuckerverwertung des Körpers. Wenn das Insulin fehlt oder durch die Schwangerschaft vermindert wirksam ist, steigt der Blutzuckerspiegel.

Bestimmte Faktoren erhöhen das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes. Unter anderem ist das der Fall, wenn Diabetes in der Familie vorkommt oder wenn in einer vorangehenden Schwangerschaft bereits Schwangerschaftsdiabetes auftrat. Ebenso begünstigen spätere Schwangerschaften abseits des 35. Lebensjahrs, sowie Übergewicht und Bluthochdruck das Auftreten von Gestationsdiabetes.

Über die Nabelschnur sind Mutter und Kind miteinander verbunden. Hat die Mutter einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel, gelangt auch in den kindlichen Organismus zu viel Zucker. Hohe Blutzuckerspitzen belasten also sowohl Mutter als auch Kind.

Mütter neigen dadurch zu

Beim Nachwuchs kann Schwangerschaftsdiabetes im späteren Leben zu Übergewicht und Diabetes führen. Außerdem ist die Gefahr von einem überdurchschnittlich hohen Geburtsgewicht des Kindes und bei Adipositas und Hyperglykämie in der Frühschwangerschaft von Fehlbildungen erhöht.

Durch ein rechtzeitiges Erkennen und Behandeln des Schwangerschaftsdiabetes können etwaige Folgen vermieden werden. Bei etwa 80% der an Schwangerschaftsdiabetes erkrankten Frauen führt bereits eine konsequente Ernährungsumstellung zum therapeutischen Erfolg. Bei den restlichen 20% der Betroffenen ist eine begleitende Insulintherapie notwendig, die ärztlich verordnet werden muss.

Was ist bei der Ernährung zu beachten?

Normalgewicht anstreben

Als Richtwert gilt: normalgewichtige Frauen können im Verlauf der Schwangerschaft etwa 16 kg zunehmen. Bei schwangeren Frauen mit bestehendem Übergewicht sollte die Gewichtszunahme deutlich darunter liegen. Für übergewichtige Frauen ist eine tägliche Kalorienzufuhr von 1500 bis 1800 Kalorien empfehlenswert. Diäten zur Gewichtsreduktion sollten in der Schwangerschaft unbedingt vermieden werden, zumal dadurch die Versorgung des Kindes gefährdet wäre. Verschieben Sie etwaige Abnehmvorhaben besser auf ein Datum nach der Stillzeit.

Vielseitige Ernährung

Eine vielseitige Ernährung sichert eine optimale Nährstoffversorgung. Schwangere haben im Allgemeinen einen erhöhten Bedarf an bestimmten Nährstoffen wie Folsäure, Kalzium und Eisen. Ein bunter Speisezettel mit ausreichend Obst und Gemüse, Vollkorn- und fettarmen Milchprodukten, sowie magerem Fleisch und Fisch bildet die Basis dafür. Um Blutzuckerschwankungen zu vermeiden, sollten nicht zu große Portionen auf einmal verzehrt werden.

Bis zu 6 kleine Mahlzeiten pro Tag

Wer über den Tag verteilt immer wieder einen kleinen Snack zu sich nimmt, hält den Blutzuckerspiegel konstant und auf niedrigem Niveau. Nach einer üppigen Mahlzeit schnellt der Blutzuckerspiegel hingegen rasch in die Höhe. Zusätzliches Plus: Bis zu 6 kleinere, über den Tag verteilte Mahlzeiten lindern typische Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit.

Flüssigkeitszufuhr: was und wie viel?

In der Schwangerschaft muss der Körper das Blutvolumen um etwa 1/3 erhöhen. Um der Belastung gerecht zu werden, steigt auch der Flüssigkeitsbedarf an. Daher sollten schwangere Frauen etwa 2,5 Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich nehmen. Zum Vergleich: der "normale" Flüssigkeitsbedarf liegt bei 1,5 Liter pro Tag. Bei Schwangerschaftsdiabetes ist es wichtig auf zuckerfreie Getränke zu achten.

Warum? In Getränken wird Zucker als Süßungsmittel sehr schnell ins Blut aufgenommen. Der Blutzuckerspiegel steigt rapide an. Verzichten Sie daher weitgehend auf zuckerreiche Limonaden und Eistee. Vorsicht auch bei Fruchtsäften, die natürlichen Zucker aus Obst enthalten. Verdünnen Sie diese besser mit Wasser. Reichlich dürfen Sie hingegen zu ungesüßten Früchte- und Kräutertees sowie zu Mineralwasser greifen.

Wenig Süßes

Zucker in reiner Form sollte gemieden werden. In konzentrierter Form ist Zucker beispielsweise in Marmelade, Schokolade, Pralinen und Früchtedrops enthalten. Auch Fruchtzucker ist keine gute Alternative. Er kommt in der Diabetikerküche nicht mehr zum Einsatz.

Tipp: Bei Rezepten können Fett- und Zuckeranteil um mindestens 1/3 reduziert werden. Der fehlende Zucker ist bedarfsweise durch flüssigen Süßstoff zu ersetzen. Süßstoffe sind in normalen Mengen auch während der Schwangerschaft unbedenklich.

Ebenfalls empfehlenswert: kleine Mengen an Süßigkeiten sollten unmittelbar nach einer regulären, bestenfalls ballaststoffreichen Mahlzeit konsumiert werden. Auf diese Weise kommt es zu keinen Blutzuckerspitzen.

Obst und Gemüse

Obst und Gemüse sind gute Nährstofflieferanten und insofern eine gute Wahl. Zu Gemüse dürfen Sie in der Schwangerschaft unbegrenzt greifen. Etwas vorsichtiger sollten Sie hingegen bei diversen Obstsorten sein. Je nach Sorte liefern Früchte sehr viel Zucker. Ein Beispiel: Weintrauben enthalten mehr als doppelt so viel Glucose wie Erdbeeren, Brombeeren und Himbeeren. Neben Beerenfrüchten sind Wassermelonen, Zitrusfrüchte und Äpfel eine gute und vergleichsweise zuckerarme Wahl.

"Richtige" Kohlenhydrate

"Komplexe statt leere Kohlenhydrate" lautet die Devise! Zur Erklärung: Kohlenhydrate sind die einzigen Nährstoffe, die Einfluss auf den Blutzuckerspiegel haben. Allerdings gibt es verschiedene Formen von Kohlenhydraten, die vom Körper unterschiedlich schnell aufgenommen werden und die Blutzuckerwerte in ungleichem Maß beeinflussen.

Schnell-wirksame Kohlenhydrate aus zuckerhaltigen Speisen strömen regelrecht ins Blut, während "komplexe" Kohlenhydrate wie sie in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Kartoffeln enthalten sind langsam ins Blut übergehen. Daher gilt: Weißmehlprodukte und Mehlspeisen meiden und stattdessen besser zu Produkten aus dem vollen Korn greifen, wie z.B. Vollkornbrot- und Vollkornnudeln.

Überblick kohlenhydratreiche Lebensmittel

Zu welchen kohlenhydratreichen Lebensmitteln dürfen Sie reichlich greifen, welche sollten Sie eher meiden:

GÜNSTIG

UNGÜNSTIG

GETRÄNKE

Früchte- und Kräutertees,
Mineral- und Sodawasser,
Kaffee (in kleinen Mengen),
Light-Limonaden (in kleinen Mengen)

Sirup,

Limonaden (wie z.B. Cola),

Eistee,

große Mengen an Fruchtsäften (insbesondere Traubensaft)

BROT, GEBÄCK

Vollkornbrot und Vollkorngebäck,
Grahamgebäck,

Pumpernickel,
Roggenbrot aus Sauerteig

Sämtliche Weißmehlprodukte (z.B. Weißbrot, Toastbrot, Semmeln),

Kipferl, Striezel und Croissant

BEILAGEN

Vollkorngetreide: auch in Form von Flocken (z.B. Haferflocken),

Nudeln: Vollkornteigwaren;

Reis: Naturreis, Reis parboiled, Wildreis;

Polenta

Weißmehlprodukte (z.B. Nudeln),

Geschälter, weißer Reis;
Cerealien (z.B. Cornflakes),

Vorsicht bei fertigen Müslimischungen (viele enthalten reichlich Zucker!)

SÜSSIGKEITEN

Kleine Mengen und unmittelbar nach einer regulären Mahlzeit verzehrt

Vollkornware mit wenig Zucker bevorzugen (z.B. Vollkornkuchen oder -kekse)

Jeglicher Zucker in reiner Form (z.B. Kristall-, Würfel-, Staub-, Vanillezucker, Vollzucker, Rohrzucker, brauner Zucker, Honig, Ahornsirup, Fruchtzucker, Sorbit)

Alle Arten von Süßigkeiten wie Schokolade, Kekse, Mehlspeisen usw.

OBST

Zitrusfrüchte,

alle Arten von Beeren (z.B. Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren),

Äpfel,

Kiwi,

Melonen

Weintrauben,

Zwetschken,

Birnen,

Ananas,

Bananen (diese Früchte enthalten sehr viel Zucker!)

Fettarm

Fett ist besonders energiereich und kann Übergewicht fördern. Allerdings liefert Fett auch lebensnotwendige (= essentielle) Fettsäuren. Achten Sie daher sowohl auf die Quantität als auch die Qualität des Fettes. Bevorzugen Sie pflanzliche Öle wie Raps- und Leinöl und vermeiden Sie "versteckte" Fette. Diese sind unter anderem in Mehlspeisen, Wurst, Käse und in Fastfood-Produkten enthalten. Insgesamt sollten Sie nicht mehr als 60-80 g Fett pro Tag zu sich nehmen.

Eiweißreich

Während der Schwangerschaft ist der Eiweißbedarf leicht erhöht. Er steigt um zirka 15 g pro Tag an. Das bedeutet: im "Normalfall" liegt der Eiweißbedarf bei 0.8 g pro Kilogramm Körpergewicht. In der Schwangerschaft sollten 15 g Eiweiß zusätzlich zugeführt werden. Ein Vorteil von Eiweiß: Es wirkt als "Blutzuckerbremse". Eine Kombination aus Kohlenhydraten und Eiweiß wirkt einem zu schnellen Blutzuckeranstieg entgegen. Gute Eiweißquellen sind magere Milchprodukte, fettarmer Käse, mageres Fleisch und Fisch.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

11. Mai 2020

Erstellt am:

25. Juli 2017

Stand der medizinischen Information:

11. Mai 2020

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