Insektengiftallergie

Biene sticht Insektengiftallergiker: Lebensgefahr
Eine Insektengiftallergie kann bei Betroffenen sogar zum Atemstillstand führen.
© Mirko Graul / Shutterstock.com
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Jede fünfte Österreicher:in zeigt eine allergische Reaktion auf Bienenstiche und Wespenstiche (Insektengiftallergie). Diese kann sehr schwere, unter Umständen sogar tödliche Auswirkungen haben.

Medizinische Expertise

Beatrix Tichatschek

Dr.in Beatrix Tichatschek

Ärztin für Allgemeinmedizin, Allergiezentrum Wien West
Hütteldorfer Str. 46, 1150 Wien
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Von gereizter Nasenschleimhaut bis hin zum Atemstillstand reichen die Symptome einer Allergiker:in nach dem Stich einer Biene. Der Prick-Test oder Intrakutantest kann Aufschluss über eine mögliche Insektengiftallergie geben. Allergiker:innen sollten immer ein Notfallset bei sich haben und ihre Umgebung informieren.

Systemische allergische Reaktion bei jedem Hundertsten

Etwa 20 % der Bevölkerung reagieren mit einer allergischen Reaktion auf den Stich einer Biene oder Wespe – und damit heftiger als normal:

  • Größere Schwellung
  • verstärktes Jucken
  • Schmerzen

Bei 1 bis 5 %, also bei jedem 20. bis 100., bewirkt das Gift eine sogenannte systemische allergische Reaktion, das heißt, der ganze Körper ist betroffen.

Generell ist die Biene oder Wespe nicht darauf aus, Menschen anzugreifen und zu vergiften. Wenn sie sich allerdings bedroht fühlt, dann reagiert sie in Notwehr und sticht. Vorsichtsgebot Nummer eins daher: Beim Anblick von Biene oder Wespe Ruhe bewahren und heftige Bewegungen (Fuchteln) vermeiden.

Normale Reaktion auf Bienenstiche

Während des Stichs gibt die Biene oder Wespe das Gift über den Stachel unter die Haut ab. An der Einstichstelle bildet sich eine Quaddel (eine lokale Schwellung). Wer keine allergische Reaktion auf einen Bienenstich hat, bei dem zeigt sich eine örtlich begrenzte Hautreaktion mit Juckreiz.

Die Ausnahme: Stiche am Hals und im Mund. Schwellen Luftröhre oder Zunge zu stark an, besteht die Gefahr zu ersticken. Daher im Sommer, vor allem im Freien, Getränke und Speisen abdecken und vor dem Biss / Schluck kontrollieren.

Allergische Reaktion auf Bienenstiche

Wie bei allen Allergien muss der Körper erst für das Gift sensibilisiert werden. Das bedeutet, dass der erste Stich nur sehr selten eine allergische Reaktion hervorruft, bei Insektengiftallergiker:innen steigert sich die Reaktion jedoch mit jedem weiteren Stich.

Die häufigsten Symptome sind:

  • Nesselausschlag (Urtikaria) 
  • Ödeme (Schwellungen durch "Wasser" im Gewebe)
  • Juckreiz
  • "Flush" (plötzliche Hautrötung) – und zwar nicht nur an der Stichstelle, sondern am ganzen Körper oder an großen Teilen des Körpers.

Jedes Jahr sterben etwa 5 Menschen in Österreich an einem anaphylaktischen Schock nach einem Insektenstich. Seine Symptome treten innerhalb von 5 bis 15 Minuten nach dem Stich auf.

Die anaphylaktischen Reaktionen werden in 4 Schweregrade eingeteilt:

Schweregrad I: Nasenschleimhaut und Augen sind gereizt (Nase rinnt), Hautausschläge, Unruhe
Schweregrad II: Tachykardie (Herzrasen), Hypotonie (erniedrigter Blutdruck), Übelkeit, Schwellungen (Angioödem), Erbrechen, Durchfall
Schweregrad III: schwere Atemnot, pfeifende Atmung, Schwäche, Vernichtungsgefühl (Todesangst, Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein) und Bewusstseinstrübung
Schweregrad IV: schwerwiegende Herz-Kreislauf-Symptome wie Blutdruckabfall, Kollaps, Bewusstseinsverlust bis hin zum Atemstillstand

Hummeln und Hornissen haben übrigens ein sehr ähnliches Gift wie jenes der Bienen und Wespen, sie stechen aber extrem selten.

Hauttests (Prick-Test oder Intrakutantest) geben einen ersten Hinweis darauf, ob eine Allergie vorliegt oder nicht. Im Blut können die sogenannten IgE-Antikörper bestimmt werden, das sind jene Eiweiße im Blut, die auf ganz bestimmte Stoffe (Antigene bzw. Allergene) reagieren und die Symptome auslösen.

Personen, die eine Allergie auf Insektenstiche haben, sollten immer ein Notfallset bei sich haben (Bienen können bei milderem Klima auch an warmen Wintertagen ausfliegen). Es enthält:

  • eine Antihistamin-Tablette,
  • eine Kortisontablette
  • und eine Adrenalinspritze, heute üblicherweise ein sogenannter "Pen", der einfach handzuhaben ist.

Weiters kann die Spezifische Immuntherapie (SIT) den Schweregrad der Symptome mindern helfen. Diese Maßnahme ist besonders gefährdeten Personen anzuraten, also etwa Gärtner:innen oder Müllarbeiter:innen, die beruflich stark mit den Insekten konfrontiert sind, oder sportlichen Jugendlichen, bei denen die SIT besonders gut wirkt und die wohl nicht immer daran denken, sich im Freien Schuhe anzuziehen.

Erste Hilfe bei einem allergischen Schock

Liegt bei einem Mitmenschen der Verdacht eines allergischen Schocks vor, sollte man so rasch wie möglich die Rettung rufen. Bis zum Eintreffen der Rettung muss man den Betroffenen hinlegen und die Beine hochlagern, um den Kreislauf zu stabilisieren. Bei Verlust des Bewusstseins bewegt man die Patient:in in die stabile Seitenlagerung. Prüfen Sie, ob der Betroffen:e noch atmet. Falls nicht, führen Sie eine Mund-zu-Mund Beatmung durch.

Die Notärzt:in verabreicht in erster Linie ein Antihistaminikum, das die Schleimhäute abschwellen lässt und den Kreislauf stabilisiert, eventuell ist auch die Gabe von Adrenalin nötig (intravenös).

In Österreich sind Wespen die häufigsten Auslöser von allergischen Stichreaktionen. Die Wespe selbst ist zwar Vegetarier, aber ihre Larven benötigen Fleisch zum Wachsen. Das ist der Grund, warum Wespen sich im Sommer und Herbst nur allzu gern an unseren Tischen bedienen und dabei auch aggressiv werden.

Wespen benutzen ihren Stachel zur Jagd, weswegen sie mit ihrem Gift gut haushalten müssen. Ein Wespenstich kann daher ganz unterschiedliche Mengen Gift beinhalten. Das bedeutet für die Allergiker:in große Unsicherheit. Das eine Mal fällt die allergische Reaktion eher harmlos aus, ein anderes Mal reagiert der Körper extrem auf den Wespenstich.

Prinzipiell noch wesentlich gefährlicher als die Wespe ist die Honigbiene. Sie verfügt über einen Wehrstachel, den sie nur benutzt, wenn sie in Bedrängnis gerät. Außerhalb ihres Nestes ist die Biene nicht aggressiv. Doch sticht sie zu, bleibt der Stachel mitsamt der Giftblase hängen und kann auch nach dem Stich noch Gift einspritzen. Die abgegebene Giftmenge ist dabei in etwa zehn Mal mehr als bei einem Wespenstich. Nach einem Bienenstich ist es wichtig, den Stachel möglichst rasch zu entfernen.

Noch besser als die richtige Reaktion auf einen Stich ist es naturgemäß, diesen gänzlich zu vermeiden. Finden Sie hier einige Tipps, an die sich insbesondere Allergiker:innen im Sommer immer halten sollten:

  • Versehen Sie die Fenster der Wohnung mit Fliegengittern.
  • Wespennester am Haus von der Feuerwehr entfernen lassen.
  • Essen und Trinken im Freien immer kontrollieren. Gläser und Schüsseln abdecken. Achtung Dose: Nie aus einer Dose oder Flasche trinken, die eine Zeit lang unbeaufsichtigt war. Bienen, Wespen, Hornissen und Hummeln lieben Flüssiges, kriechen in das Gebinde und wehren sich dann mit einem Stich in die Lippe oder Zunge.
  • Beim Picknick nicht neben Mistkübeln sitzen. Den eigenen Abfall in einem Sackerl verpacken und von einer Nichtallergiker:in zum Mistkübel tragen lassen.
  • Keine hektischen Bewegungen in der Nähe von Bienen oder Wespen, da sie dies als Angriff "missverstehen" und in Notwehr stechen können.
  • Besonders auf Wiesen und im Garten immer Schuhe (nicht Sandalen) tragen. Leichte, langärmelige Kleidung und lange Hosen sind besser als kurzärmelige Shirts und kurze Hosen, helle Kleidung besser als dunkle.
  • Lernen Sie Bienen und Wespen (am besten auch ähnliche Insekten) zu unterscheiden, um der Ärzt:in sagen zu können, welches Tier gestochen hat.
  • Insektenschutzmittel (Repellents) helfen übrigens zwar gegen Gelsen, aber kaum gegen Bienen und Wespen.
  • Führen Sie Ihren Allergiepass immer mit. Im Falle eines allergischen Schocks können Notärzt:in und Sanitäter:in ablesen, auf welches Insektengift Sie reagieren und Sie rasch mit den richtigen Medikamenten versorgen.

Informieren Sie außerdem möglichst viele Ihrer Mitmenschen über die Allergie. Wenn Freunde und Familie auf das Thema sensibilisiert sind, fällt es ihnen wesentlich einfacher, im Notfall die richtigen Schritte zu setzen.


Autor:in:
Redaktionelle Bearbeitung:
Medizinisches Review:
Zuletzt aktualisiert:

18. März 2024

Erstellt am:

9. Dezember 2013

Stand der medizinischen Information:

9. März 2021


ICD-Code:
  • T63

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